„Es ist völlig klar, dass die Bahn eine noch wesentlichere Rolle in der Mobilität einnehmen wird als heute!“

Dez 17, 2020 | Bahnindustrie, Interviews

Die österreichische Bahnindustrie exportiert Innovationen in die ganze Welt! Mit Agenda Bahnindustrie Frauen hat sich in den letzten Monaten ein Netzwerk in der österreichischen Bahnindustrie gebildet mit der klaren Mission: „Wir gestalten die Zukunft der Bahnindustrie aktiv mit, beziehen Position und setzen uns für Nachhaltigkeit und Diversität ein.“


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Wie glaubt Ihr wird die Mobilität im Jahr 2050 aussehen, und welche Position wird die Bahn einnehmen?

Für uns ist es völlig klar, dass die Bahn 2050 eine noch wesentlichere Rolle in der Mobilität einnehmen wird als heute. Das ergibt sich für uns bereits aus zwei ganz wesentlichen Themen, die sich auch gegenseitig positiv ergänzen: die enorme Nachfrage der Nutzer*innen und die gesellschaftspolitische Verantwortung für den Klimaschutz.

Fakt ist, dass in der Mobilität keine Chancengerechtigkeit für die vielfältigen Benutzer*innengruppen herrscht. Das führt dazu, dass nicht jede*r gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen kann. Verschiedene Gruppen haben unterschiedliche Ansprüche an Mobilität: Laut der Studie „Mobilität in Deutschland“ aus 2017 sind die täglichen Wegstrecken von Frauen erheblich kürzer als jene von Männern und die Wegeketten andere, insbesondere weil sie die Begleitung von Kindern übernehmen. Ähnliche Unterschiede sehen wir bei weiteren Gruppen, wie etwa älteren Personen, Personen mit eingeschränkter Mobilität und Jugendlichen. Die Nutzer*innen von Mobilität erheben ganz klar Anspruch auf gleichwertige Mobilitätschancen. Für eine nachhaltige Verkehrswende liefert die Genderperspektive also einen wesentlichen Beitrag.  Um all diese Bedürfnisse abzubilden, ist die Vernetzung der unterschiedlichen Mobilitätslösungen Voraussetzung und dabei spielt die Bahn und Bahnindustrie eine tragende Rolle. Die Bahn und Bahnindustrie bietet Mobilität auf kurzen und langen Wegen, zb.:  Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), oder aber auch Stichwort Nachtzüge, wo etwa gerade zuletzt die europaweiten Nachtzugverbindungen ausgebaut wurden und weiterhin werden. Die Bahn ist also an unterschiedlichen Stellen Teil der multimodalen Fortbewegung: je größer die Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsmittel, umso größer wird der Anteil der Bahn an der Personen- und auch Güterverkehrsleistung in Österreich und Europa sein. Technologien, wie etwa künstliche Intelligenz, werden das ermöglichen und rasch vorantreiben. Wir sehen das heute schon in einzelnen Bereichen: wir überlassen es unserem Mobiltelefon uns den nächstgelegenen Parkplatz zu suchen, google maps schlägt uns die schnellste Route vor und auch für die letzten Meter den nächstgelegenen verfügbaren Roller. In dieser vernetzten Mobilität wird die Bahn eine tragende Rolle spielen: sie ist darin ein starkes Fundament der Fortbewegung. 

Dieser Anspruch der Nutzer*innen wird ergänzt durch die enormen Herausforderungen, angesichts der Klimakrise. Einerseits werden weiterhin rund 2/3 der Personenverkehrsleistung pro Jahr mit dem PKW zurückgelegt. Andererseits zeigt eine Erhebung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ), dass jeder 6. Autofahrende damit rechnet 2025 kein Auto mehr zu haben. Eine Umfrage der europäischen Initiative HopOnForThePlanet wiederum zeigt, dass der Klimawandel eine der größten Anliegen der Generation Z, der Jahrgänge 1997-2013, ist und dass rund 3/5 dieser Generation ihr Mobilitätsverhalten der Bekämpfung der Klimakrise unterordnen wollen. Die Gesellschaft ist bereit für und verlangt nach klimafreundlicher Mobilität.

Wir sind der Meinung, dass sich im Jahr 2050 etwa besonders in und um die Ballungsräume das Mobilitätsverhalten auf den öffentlichen Verkehr weiter verschoben wird haben. Vernetzte Mobilität, Digitalisierung gepaart mit dem klaren Willen der öffentlichen Hand in diesen Bereich zu investieren, wird die Attraktivität der Bahn enorm steigern.

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Die Coronavirus Krise hat uns als Gesellschaft aber auch als Wirtschaft schwer getroffen: Welchen Beitrag kann die Bahnindustrie hier leisten, und ist die Bahnindustrie auch in Krisen ein sicherer Arbeitgeber?

Die Industrie im Allgemeinen, und so auch die Bahnindustrie, ist ein wesentlicher Impulsgeber und Wirtschaftsfaktor in Österreich. Die Bahnindustrie beschäftigt direkt mehr als 8000 Arbeitnehmer*innen, beziehungsweise mehr als 20.000 indirekt Beschäftigte, und bringt einen Anteil von knapp 0,5% am BIP. In der Coronakrise war und ist die Bahnindustrie ein Teil der kritischen Infrastruktur: sie hat unter anderem dazu beigetragen Versorgungswege aufrecht zu erhalten. Die Bahnindustrie wird daher weiterhin einen wesentlichen Beitrag zum Industriestandort Österreich und der Beschäftigung leisten. Dass sie auch in der Krise eine sichere Arbeitgeberin ist, hat sie bereits 2020 unter Beweis gestellt. Mit den Herausforderungen durch die Klimakrise wird sie die Zukunft noch stärker prägen.

Wo seht Ihr die Stärken der österreichischen bzw. europäischen Bahnindustrie gegenüber der stark wachsenden Konkurrenz aus Asien?

Grundsätzlich belebt Wettbewerb das Geschäft. In Hinblick auf die globale Klimakrise ist es daher zu begrüßen, dass die Bahnindustrie weltweit gestärkt ist. Die Stärke der österreichischen und auch europäischen Bahnindustrie ist die enorme Breite und Vielfalt: Klein- und Mittelbetriebe als Zulieferer und auch als Impulsgeber für Innovation bis hin zu großen Herstellern von Schienenfahrzeugen und Schieneninfrastruktur. Dadurch hat die Branche in Europa ein solides Fundament, um weiter zu wachsen und ist so ideal aufgestellt, um im Wettbewerb zu bestehen. Wir würden sogar so weit gehen und davon sprechen: den Wettbewerb federführend zu voranzutreiben.

Was sind die Ziele bzw. die Intentionen hinter „Agenda Bahnindustrie Frauen“?

Die Agenda Bahnindustrie Frauen* ist Österreichs erstes Netzwerk für Mobilitätsexpertinnen* und Fachfrauen* aus der Bahnindustrie. Wir haben uns gegründet, um auf die Expertinnen* der Bahnindustrie aufmerksam zu machen und vor den Vorhang zu holen. Wir verstehen uns als Expertinnen*system das sich gegenseitig stärkt und diesen innovativen Industriesektor inspiriert und weiterbringt. Unser Antrieb ist es, die Mobilität der Zukunft um die Perspektive von Frauen* zu erweitern und damit den gesamten Sektor weiterzubringen. Wir gestalten die Zukunft der Bahnindustrie aktiv mit, beziehen Position und setzen uns für Nachhaltigkeit und Diversität ein.

Was würdet Ihr jungen Frauen mit auf den Weg geben, die in der, oft noch männerdominierten, Bahnindustrie Fuß fassen wollen?

Auch wenn die gesamte Bahnbranche noch immer eine Männerdomäne ist, gibt es viele herausragende Expertinnen*, Managerinnen* und Wissenschaftlerinnen*. Sie managen bereits heute Großprojekte, entwickeln Produkte und inspirieren mit ihren Ideen und Innovationen die Bahn. Was wir daher mit auf den Weg geben ist, sich von diesen Vorbildern inspirieren zu lassen, in der Branche ein Netzwerk aufzubauen und unbeirrt den Weg zu gehen. Diese Industrie hat Zukunft und agiert nachhaltig und sie braucht visionär denkende junge Frauen*: kurzum „es zahlt sich aus, dabei zu sein“.

Wer kann man bei Euch Mitglied werden und was erwartet einen?

Da wir uns als Expertinnen*system verstehen, sind wir gerade dabei eine Expertinnen*datenbank auf unserer Homepage zu etablieren. Damit soll ein erster Schritt getan werden, um die großartigen Frauen* in der Branche vor den Vorhang zu holen. Jede* in der Bahnindustrie ist daher eingeladen sich auf der Expertinnen*datenbank zu präsentieren. Dazu einfach ein E-Mail an office@agendabif.at

Für diejenigen die darüber hinaus Position beziehen wollen, gibt es die Möglichkeit Mitglied im Verein Agenda Bahnindustrie Frauen zu werden. Wir arbeiten gerade intensiv an unserem Programm für 2021. Darin finden sich insbesondere Aktionen mit denen wir inhaltlich Position zu aktuellen Themen der Branche beziehen, wie etwa im Rahmen von EU-weiten Initiativen wie shift2rail oder Women in Transport oder der österreichischen Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie Mobilität 2040 (FTI-Strategie Mobilität 2040). Natürlich planen wir auch Aktivitäten zur besseren Vernetzung der Expertinnen*. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen sich ebenfalls via E-Mail an office@agendabif.at zu wenden. Wir freuen uns auf Austausch!

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