Die SBB präsentierte die Halbjahresbilanz: Die Folgen der Covid-19-Pandemie sind weiterhin erheblich. Im ersten Halbjahr 2021 waren täglich nur 763 000 Passagiere unterwegs, 41 Prozent weniger als 2019. Und auch die finanzielle Situation bleibt sehr angespannt, die Verschuldung ist stark angestiegen aber dank Unterstützung des Bundes ist die Liquidität bis Ende 2021 gesichert.
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Viele Pendlerinnen und Pendler arbeiteten auch im ersten Halbjahr 2021 von zuhause aus. Auch Freizeitreisende waren deutlich weniger als vor Corona unterwegs. Die Zahl der Generalabonnemente war rückläufig: 395 000 GA waren im Umlauf, gegenüber 459 000 im Juni 2020 und 493 000 im Juni 2019. Bei den Halbtaxabonnementen sind 2,7 Millionen Stück im Umlauf, das ist ein leichter Rückgang gegenüber Juni 2020 (−0,9 Prozent), jedoch 1,9 Prozent mehr als noch 2019. Erfreulich ist, dass aktuell die Verkäufe bei beiden Abos wieder leicht zunehmen.
Die Zugspünktlichkeit im Personenverkehr lag bei 92,7 Prozent, trotz heftigen Schneefällen im Januar und Unwettern im Juni. Die geringere Anzahl Reisende führte zur Entlastung des Bahnsystems und zu höherer Pünktlichkeit. Mit zunehmender Rückkehr zur Normalität und mehr Reisenden sinkt die Pünktlichkeit tendenziell. Positiv wirkte sich auch die bessere Planung von Bau- und Unterhaltsarbeiten aus. Die Sendungspünktlichkeit bei SBB Cargo Schweiz lag bei 91,3 Prozent.
Die mehrheitlich stabile Betriebslage und das große Platzangebot in den Zügen trugen zum positiven Reiseerlebnis bei. Die Kundenzufriedenheit konnte gegenüber Juni 2020 um 4,2 auf 77,5 Punkte gesteigert werden. Dieser Trend bestätigt sich auch bei der aktuell steigenden Auslastung. Die Kundinnen bewerteten besonders Sicherheitsgefühl sowie Information und Nutzung von SBB Mobile positiv. Einen großen Beitrag zur Zufriedenheit leisteten die Mitarbeitenden, die in Zügen, in Bahnhöfen, im Gleisfeld, in Werken, an SBB Standorten oder von zuhause aus gearbeitet haben.
Auch nach den Lockerungsschritten im Juni gilt das Schutz- und Reinigungskonzept des öffentlichen Verkehrs. Seit Beginn der Pandemie reinigt das SBB Personal die Züge und Bahnhöfe öfter und intensiver. Die Maskenpflicht in Zügen wird nach wie vor gut eingehalten, dafür gebührt den Kundinnen und Kunden ein großer Dank. Wer die Schutzmaßnahmen einhält, schützt sich, die Mitreisenden und das Personal und reist sicher.
Immer mehr Kundinnen nutzen für den Ticketkauf die digitalen Kanäle auf sbb.ch und SBB Mobile. 68,4 Prozent der Billette wurden digital verkauft. Der Trend aus den Vorjahren setzt sich fort. Die Selbstbedienungsquote inklusive Billettautomaten ist auf 95,0 Prozent gestiegen. In den Reisezentren hingegen wird die Beratung der Kundinnen und Kunden immer wichtiger.
Verschuldung stark angestiegen, Sparmaßnahmen eingeleitet
Trotz Coronakrise und abgestimmt mit dem Eigner hat die SBB ihren Grundauftrag sichergestellt; sie treibt Ausbauschritte und Angebotsentwicklungen gemäß Auftrag weiter voran.
Der Halbjahresverlust beträgt −389 Millionen Franken. 2020 waren es −479 Millionen. Trotzdem ist der Verlust 2021 bereinigt um 30 Millionen höher ausgefallen. Grund: 120 Millionen Franken an Bundesunterstützung sind bereits einberechnet, während dies 2020 erst Ende Jahr der Fall war. In den eigenwirtschaftlichen Bereichen Fernverkehr, internationaler Personenverkehr und Immobilien muss die SBB die Einnahmeausfälle selbst tragen. 2019 war das Halbjahresergebnis mit 279 Millionen Franken deutlich im Plus.
Wegen den Corona-bedingten Verlusten ist die Verschuldung der SBB stark angestiegen. Der Schuldendeckungsgrad – die verzinsliche Nettoverschuldung im Verhältnis zum EBITDA – liegt bei 17,7 und damit deutlich über der vom Bund geforderten Höchstgrenze von 6,5.
Der Bund unterstützt die abgeltungsberechtigten Bereiche Regionalverkehr, Infrastruktur Netz und Güterverkehr Schweiz mit zusätzlichen Mitteln gemäß Bundesgesetz über die Unterstützung des ÖV in der Covid-19-Krise. Seit Beginn der Pandemie wurde das Ergebnis damit insgesamt mit rund 400 Millionen Franken gestützt. Dafür bedankt sich die SBB beim Eigner und der ganzen Schweiz.
Auch für 2021 unterbreitet der Bundesrat dem Parlament eine Covid-Finanzierungsbotschaft. Die SBB begrüßt dies, denn die Krise wirkt sich auch 2021 und darüber hinaus auf den ÖV Schweiz und die SBB aus. Die finanzielle Situation der SBB bleibt auch in den kommenden Jahren sehr angespannt.
Zur kurzfristigen Liquiditätssicherung hat der Bund die Limite für kurzfristige Darlehen bis Ende 2021 von 750 auf 950 Millionen Franken erhöht. Eine Arbeitsgruppe Bund / SBB erarbeitet zurzeit Grundlagen, um eine nachhaltige, robuste Finanzierung des Unternehmens mit Horizont 2030 zu gewährleisten. Die SBB leistet mit Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen selbst den größtmöglichen Beitrag für eine gesunde finanzielle Situation.
Mobilität verändert sich, SBB will Kundinnen zurückgewinnen
Die Mobilitätsformen und das Mobilitätsverhalten verändern sich durch die Pandemie. Die SBB ist überzeugt, dass das Bedürfnis nach klimafreundlicher Mobilität die Nachfrage wieder ankurbelt. Die SBB rekrutiert zusätzliches Personal, vor allem Lokpersonal, Kundenbegleiterinnen und Kundenbegleiter sowie Fachkräfte für die Werkstätten.
Die SBB unternimmt viel, um Kundinnen und Kunden zurückzugewinnen. In enger Zusammenarbeit mit der ÖV-Branche testet die SBB neue, flexiblere Abo-Formen und lanciert Kampagnen. Der Freizeitverkehr war zu Beginn der Covid-19-Krise besonders stark betroffen. Er hat sich nun leicht besser erholt als der Berufsverkehr. Sowohl Freizeit- als auch Berufsverkehr liegen unter dem Nachfrageniveau von 2019.
Die SBB schätzt, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis sich die Passagierzahlen vollständig erholt haben. Langfristig wird die Bahn aber wieder stark wachsen; dazu trägt auch das steigende Bedürfnis nach klimafreundlichem und komfortablem Reisen bei.
Situation Lokpersonal normalisiert sich Ende Jahr
Schweizweit werden in den nächsten sechs Monaten 200 Lokführerinnen und Lokführer ihre Ausbildung abschließen. Damit normalisiert sich die Situation beim Lokpersonal wie angekündigt bis Ende 2021. Jedoch bleibt die Lage noch bis Ende Oktober in einzelnen Regionen angespannt, so im Raum Zürich und insbesondere in der Westschweiz. In der Romandie können in den nächsten Wochen Zugausfälle in letzter Minute leider nicht ausgeschlossen werden. In diesen Fällen werden die Kundinnen und Kunden so schnell wie möglich über die üblichen Kanäle informiert. Wie bereits angekündigt, werden die Lokführenden zukünftig für mehr Strecken und Fahrzeugtypen ausgebildet, was mehr Flexibilität bei ihren Einsätzen ermöglicht. Die SBB dankt ihren Kundinnen und Kunden fürs Verständnis und ihrem Personal für das große Engagement.
Corona belastet alle Bereiche der SBB
SBB Personenverkehr verzeichnet im ersten Halbjahr 2021 einen Verlust von
-389 Millionen Franken; dieses Ergebnis beinhaltet 75 Millionen Franken zusätzliche Mittel der öffentlichen Hand. Im Bereich Fernverkehr trägt die SBB den Verlust von -372 Millionen Franken selbst. Die Nachfrage liegt weiterhin deutlich unter Vor-Corona-Niveau, beim Fernverkehr –50,3 Prozent, beim Regionalverkehr −36,6 Prozent.
Das Halbjahresergebnis von Immobilien beträgt 127 Millionen Franken vor Ausgleichszahlungen an Infrastruktur und Pensionskasse. Es liegt 21 Millionen höher als im Vorjahr, dank fertiggestellten Immobilienprojekten. An den Bahnhöfen waren weniger Kundinnen unterwegs (−6,6 Prozent im Vergleich zu 2020, −38,8 Prozent im Vergleich zu 2019). Die SBB ist den Geschäftsmietern in der Pandemie mit rund 70 Millionen Franken entgegengekommen.
SBB Cargo Schweiz erwirtschaftete im ersten Halbjahr einen Verlust von −8 Millionen Franken. Das Ergebnis ist gestützt durch 15 Millionen Franken zusätzlichen Mittel der öffentlichen Hand (davon 12 Millionen Franken zusätzlich für das Vorjahr). Der Verlust ist kleiner als 2020 (−27,7 Mio. CHF). 2019 lag das Ergebnis mit 0,3 Millionen Franken leicht im Plus. Erfreulich hat sich das Ergebnis bei SBB Cargo International entwickelt: Das Unternehmen schließt mit einem Minus von 0,2 Millionen Franken um 4,0 Millionen besser ab als 2020.
SBB Infrastruktur erzielt einen Halbjahresverlust von −52,0 Millionen Franken, was einer Verbesserung von 63 Millionen gegenüber Vorjahr entspricht. Positiv wirken 30 Millionen Franken zusätzliche Mittel der öffentlichen Hand, welche im Vorjahr erst zum Jahresende berücksichtigt wurden. Im Bereich Energie lag der Ergebnisbetrag mit 17,5 Millionen Franken um 5,1 Millionen über dem Niveau von 2020.