Mit einer Aktuellen Stunde zum Thema: „Green Deal im Güterverkehr: Transitfrage lösen, Bevölkerung und Umwelt von Stau, Lärm und Schadstoffen entlasten“ startete heute der Nationalrat seine Beratungen. Die für diese Fragestellungen zuständige Bundesministerin Leonore Gewessler meinte, dass es gerade in Zeiten einer globalen Klimakrise wichtiger denn je sei, Lösungen dafür zu finden, wie Güter als Teil des Wirtschaftskreislaufs transportiert und gleichzeitig Lärm, Luftschadstoffe und CO2-Ausstoße gesenkt werden können.
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Auf EU-Ebene werde die Bundesministerin klar zum Ausdruck bringen, dass die Kommission eine aktive Rolle – wie z.B. im Zusammenhang mit der Wegekostenrichtlinie – einnehmen müsse. „Wir können am Brenner die Zukunft der Güterverkehrspolitik in Europa bauen, wenn wir alle an einem Strang ziehen“, war die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie überzeugt.
Gewessler: Rasch wirksame Paketlösung für den Güterverkehr ist notwendig
Die vergangenen Monate hätten einmal mehr gezeigt, warum das Vorantreiben der Ökologisierung der Transportsysteme nicht nur sinnvoll, sondern schlicht notwendig sei, erklärte Bundesministerin Leonore Gewessler. Österreich sei als Transitland extrem belastet, vor allem im Alpenraum befinde man sich am Rand eines Kollapses. So seien etwa am Brenner 2,5 Millionen Lkw pro Jahr unterwegs. Dies schaffe nicht nur Probleme für die menschliche Gesundheit, für die Ökosysteme oder die Klimabilanz, sondern auch für den Warenverkehr selbst, gab Gewessler zu bedenken. Damit die Akzeptanz für den Güterverkehr nicht komplett verloren gehe, brauche es rasch wirksame politische Lösungen; dazu habe sich die Bundesregierung auf allen Ebenen bekannt. In dieser Frage passe auch kein Blatt Papier zwischen die Verantwortlichen im Bund und die Tiroler Landesregierung, betonte Gewessler.
Was den „Green Deal“ der EU-Kommission angeht, so verstehe sie ihn als Handlungsauftrag, um die großen anstehenden Probleme zu lösen. Dazu gehören die Verlagerung von Lkw-Fahrten auf die Schiene vor allem in sensiblen Gebieten, Lösungen für die Korridormaut, Fortschritte bei der Wegekostenrichtlinie sowie der rasche Beschluss des Mobilitätspakts. Im konkreten Fall des Brenners gehe es nicht nur um die zügige Fertigstellung des Tunnels, sondern auch um die Anbindung an die Zulaufstrecken in Italien und Deutschland. All dies sei nur möglich, wenn man mit den Nachbarstaaten und der Kommission konstruktiv zusammenarbeite, meinte Gewessler, die sich „gegen eine Politik des Türzuschlagens“ aussprach.
Gleichzeitig werden die nationalen Aktivitäten verstärkt, wie etwa durch die Aufstockung der Kapazitäten für die sogenannte rollende Landstraße. Die ÖBB plane einen Ausbau von 250.00 Lkw auf 400.000 Lkw (ab April 2020) bzw. 450.000 Lkw (ab 1.1.2021), berichtete die Ministerin. Außerdem habe die Task Force zur Steuerreform bereits ihre Arbeit aufgenommen.
Sie lud zudem alle Abgeordneten dazu ein, am Masterplan Güterverkehr mitzuarbeiten.
Grüne für mehr Kostenwahrheit und für Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene
Abgeordneter Hermann Weratschnig (G) erinnerte daran, dass der Transitwiderstand vor 30 Jahren in Tirol seinen Ausgangspunkt nahm. Schon damals wurde von zahlreichen BürgerInnen die berechtigte Skepsis gegenüber dem freien, ungezügelten Warenverkehr in der EU zum Ausdruck gebracht. Diese „Perversion eines Binnenmarktes ohne ökosoziale Schranken“ habe sich leider auch vor kurzem wieder gezeigt, als über grauenhafte Bedingungen bei Tiertransporten in Drittstaaten berichtet wurde.
Mit Bedauern stellte der Mandatar der Grünen fest, dass die für Verkehrsagenden zuständige EU-Kommissarin, die vor kurzem in Tirol zu Besuch war, wenig Verständnis für die Probleme der unter der „Transithölle“ leidenden Bevölkerung im Alpenraum zeige. Der Schwerverkehr habe mittlerweile ein Ausmaß erreicht, der nicht mehr tragbar sei, unterstrich Weratschnig. Aus seiner Sicht sei es unerlässlich, endlich für Kostengerechtigkeit zwischen Bahn und Straße zu sorgen. Dabei müssten auch die Faktoren Lärm, Staub und klimaschädliche Schadstoffe in die Überlegungen miteinbezogen werden. Für wichtig erachtete er nicht nur die Korridormaut, sondern auch eine offene Diskussion über das Dieselprivileg, das für ein Fünftel des Transitverkehrs mitverantwortlich sei. Weratschnig zeigte sich überzeugt davon, dass es einen nationalen Schulterschluss in diesen Fragen brauche, um eine europäische Verkehrswende einzuleiten.
Seine Fraktionskollegin Astrid Rössler befasste sich vor allem mit den Auswirkungen des Güterverkehrs auf die Bevölkerung, die immer mehr unter den Belastungen leide. Ein negativer Aspekt sei etwa, dass aufgrund des Ausweichverkehrs maßgebliche Siedlungsgebiete unbewohnbar werden. In manchen Gemeinden seien schon bis zu 40% der Bevölkerung von einer gesundheitsgefährdenden Lärmbelastung betroffen. Neben europäischen Anstrengungen müssten daher auch auf nationaler Ebene die Hausaufgaben erledigt werden, meinte Abgeordneter Lukas Hammer (G). Es werde zweifellos mehr Budget für die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene sowie für den Ausbau der Regional- und Nahverkehrs geben.
ÖVP: Europäische Projekte brauchen gemeinsame Lösungen
ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger zeigte sich erfreut darüber, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen den Green Deal als zentrale Agenda gewählt hat, weil es sich dabei um zutiefst europäische Fragen handle. Auch im Regierungsprogramm habe man sich intensiv mit der Transitproblematik beschäftigt und gemeinsam mit dem Koalitionspartner zahlreiche Maßnahmen fixiert. Er pflichtete der Ministerin bei, dass im Sinne aller betroffenen Regionen in Österreich rasch Lösungen gefunden werden müssen. Neben der Korridormaut denke er dabei etwa an die Implementierung von intelligenten Lkw-Leitsystemen. Wenn man die Verlagerung des Gütertransports von der Straße auf die Schiene forcieren will, dann müsse gleichzeitig auch der einheitliche europäische Eisenbahnraum vorangetrieben werden. Dies sei Voraussetzung dafür, um die Wirtschaft zu motivieren, intensiver die rollende Landstraße zu benutzen. Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) ging insbesondere auf die aktuelle Situation in Tirol ein, die aufgrund der starken Zunahme des Transitverkehrs nicht mehr tragbar sei. Der mit Deutschland vereinbarte 10-Punkte-Plan enthalte wichtige Maßnahmen, um die Lage bis zur Eröffnung des Brenner-Basis-Tunnels zu verbessern. Leider wurden von bayrischer Seite die Hausaufgaben bis dato nicht gemacht. Sie hoffe daher, dass bald eine Einigung mit Deutschland, Italien und der Kommission erzielt werden könne.
SPÖ für Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut und für Abschaffung der Energieabgabe auf Ökostrom im Bahnverkehr
Abgeordneter Alois Stöger (SPÖ) sah dringenden Handlungsbedarf in Sachen Güterverkehr. Die SPÖ biete ihre Zusammenarbeit an, wenn es um eine vernünftige Verkehrspolitik gehe, allerdings müssen dafür auch die nötigen budgetären Mittel zur Verfügung gestellt werden. Überdies warnte er davor, sich nur auf den Brenner zu konzentrieren, da auch viele andere Regionen in Österreich große Probleme haben. Skeptisch äußerte sich Stöger zur europäischen Wegekostenrichtlinie, die er als ein neoliberales Instrument bezeichnete, das nicht funktioniere. Gewonnen habe man nur dann, wenn jedes Produkt, das mehr als 500 Kilometer transportiert werden müsse, zumindest zu 80% auf der Schiene befördert wird. Auch SPÖ-Abgeordnete Julia Herr zeigte sich besorgt über die Verkehrsbelastung in Tirol und forderte noch mehr Engagement bei der Verlagerung des Transports von der Straße auf die Schiene. Es sei Aufgabe des Bundeskanzlers, sich im Rahmen der laufenden Budgetverhandlungen auf EU-Ebene in dieser Frage stärker einzubringen. Statt mit einem Veto zu drohen, sollte er zusätzliche Mittel für den Ausbau der Schiene in Europa einfordern, urgierte Herr. Reden müsse man zudem über die Belastungen der Lkw-Fahrer, die oft ausgebeutet würden. Um die Bahn zu entlasten, sollte als erster Schritt die Energieabgabe auf Ökostrom gestrichen werden. Ebenso wie viele Umweltorganisationen fordere die SPÖ außerdem eine jährliche Klimamilliarde, wobei zumindest die Hälfte davon in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs fließen müssten.
FPÖ: Druck auf europäische Nachbarstaaten in Sachen Brenner-Basis-Tunnel muss erhöht werden
Abgeordneter Christian Hafenecker (FPÖ) wies darauf hin, dass in Tirol schon seit sieben Jahren eine Politikerin der Grünen für die Verkehrsagenden zuständig ist. Das Ergebnis davon sei aber lediglich eine Zunahme des Transits um 25% von 2013 auf 2018, merkte der FPÖ-Mandatar kritisch an. Es wundere ihn auch nicht, dass Italien nicht an einer Lösung in der Brennerfrage interessiert sei, zumal die Südtiroler Gemeinden jährlich 350 Mio. € von der Gesellschaft Autostrade als Entschädigung für den Transitverkehr erhalten sollen. „Auf die Tube drücken“ müsse man zudem in Deutschland, wo es noch immer keine konkreten Planungen für Zulaufstrecken zum Brenner-Basis-Tunnel gibt.
NEOS: Kostenwahrheit und Anreize für die Wirtschaft statt Verboten
Die Beschleunigung des Klimawandels sei in Österreich sehr deutlich zu spüren, vor allem in den Ballungsgebieten würden die Temperaturen steigen, erklärte Michael Bernhard (NEOS). Die Auswirkungen sehe man aber auch deutlich im alpinen Raum und anhand der starken Zunahme an Extremereignissen. Vor diesem Hintergrund müsse man die Debatte über den Güterverkehr führen, der nur zu 5% für die Emissionen verantwortlich sei, zeigte Bernhard auf. Eine echte Wende in der Klimapolitik könne seiner Meinung nur dann gelingen, wenn Kostenwahrheit hergestellt wird und entsprechende Marktmechanismen zum Einsatz kommen. So sei ihm etwa die Rolle der Wirtschaft, die weltweit 90% der klimapolitischen Maßnahmen schultere, in der Debatte zu kurz gekommen. Verbote und Beschränkungen seien zu wenig, es brauche die richtigen Anreize für die Betriebe, regte Bernhard an.