Die Westbahn hat vor einigen Monaten bekanntgegeben, dass sie Züge vom chinesischen Hersteller CRRC mieten will. Seither wird in Österreich wieder verstärkt über die neue Konkurrenz für die europäische Bahnindustrie diskutiert. Wird Österreich nun zum Türöffner für chinesische Produzenten und wie will CRRC den europäischen Markt erobern?
Folgen Sie uns auf Twitter und LinkedIn!
Chinesische Züge kommen nach Österreich
Die private Westbahn, die seit 2011 zwischen Wien und Salzburg verkehrt und sich mittlerweile etablieren konnte setzt auf Expansion. So könnte die Westbahn ab dem kommenden Fahrplanwechsel auch nach München fahren. Dazu braucht es Rollmaterial.
Wie schon länger bekannt bekommt die Westbahn dazu neue KISS 3 Züge vom Schweizer Hersteller Stadler Rail. Aber auch 4 Triebwagenzüge des chinesischen Herstellers CRRC werden Teil der Westbahn-Expansion sein.
Es handelt sich um Züge die aus sechs Wagen mit insgesamt 571 Sitzplätzen bestehen. Diese Züge wird die Westbahn aber nicht kaufen, sondern vom Hersteller (CRRC) anmieten. Laut der Sprecherin der Westbahn, Ines Volpert, sind die Züge bereits produziert und das erste Fahrzeug wird im Laufe des Sommers nach Europa verschifft und die Zulassung beginnt. „Wir gehen davon aus, dass die Zulassung im Sommer oder Herbst 2023 erfolgen wird.“ – sagt die Westbahn-Sprecherin gegenüber dem „Kurier“.
Aber auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben mit dem Tochterkonzern Rail Cargo Hungary chinesische Verschub- Lokomotiven für die Dauer von 4 Jahren gemietet. Diese Fahrzeuge werden für den Verkehr in Ost- und Südosteuropa eingesetzt.
Kritik von Österreichs Bahnindustrie
Die österreichische Bahnindustrie hat mit dem Konkurrenten aus China wenig Freude.
Präsident des Verbands der Österreichischen Bahnindustrie, Kari Kapsch, gegenüber dem „Kurier“: „Das ist mit Sicherheit ein Türöffner für CRRC“. Kapsch kritisiert vor allem die Wettbewerbsverzerrung, da CRRC ein Staatsunternehmen sei und dessen Produkte vom Staat quersubventioniert werden. „Das würden wir nicht nur in Österreich und Europa, sondern auch außerhalb Europas zu spüren bekommen“, so Kapsch.
Chinesische Bahnindustrie will Markt in Europa erobern
Egal ob Bauzugwagen für die Londoner U-Bahn, Züge für die Westbahn und LeoExpress oder Nahverkehrszüge für Rumänien – der chinesische Hersteller kann in ganz Europa Aufträge gewinnen. Obwohl die Aufträge meist nur wenige Fahrzeuge bzw. ein kleines finanzielles Volumen beinhalten, fasst man in Europa und der EU zunehmend Fuß.
Hinzu kommt, dass der chinesische Bahnindustrie-Riese (CRRC) mit seinen 40 Tochterunternehmen auch fleißig europäische Industrieunternehmen einkauft. So ist das berühmte Lokfabrik von Vossloh bereits im Besitz der Chinesen.
Der Bochumer Verein von der Georgsmarienhütte wurde bereits 2017 von einem chinesischen Konsortium gekauft. Das deutsche Traditionsunternehmen gilt als einer der wichtigsten Radsatzhersteller und beliefert Alstom, Siemens und Bombardier.
4 Züge mit großer Wirkung?
Der Westbahn-Auftrag hat für die chinesische Bahnindustrie sicherlich einen großen Werbewert: Chinesische Züge im Personenverkehr unterwegs im Bahnland Nummer 1 der EU. Das auch noch auf der stark frequentierten Strecke Wien-Salzburg(-München).
Österreich alleine ist aber sicherlich nicht der Türöffner für die chinesische Bahnindustrie, da Unternehmen in ganz Europa aufgekauft werden und chinesische Züge in vielen Ländern bereits unterwegs sind.
Für die österreichische/europäische Bahnindustrie ist der Mitbewerber aus Asien natürlich eine große Herausforderung, da die Fahrzeuge des Herstellers CRRC meist deutlich günstiger sind. Im Fahrgastbetrieb wird sich die Westbahn, und wir alle, dann ein Bild davon machen können ob es Unterschiede zu europäischen Fabrikaten gibt.
Eines ist sicher, die chinesische Bahnindustrie wird an Bedeutung gewinnen, auch in Europa!