Bahner im Gespräch

Nov 4, 2017 | Innovation, Interviews

Die Schiene ist einer der ältesten Verkehrsträger der Welt. Was hat die Bahn zu bieten? Ist sie noch zukunftsfähig? Was muss sich bei der Bahn ändern? Was sind Fehlentwicklungen? Und für welche Probleme bietet die Schiene Lösungen? 

Ich habe einige Mobilitätsexperten, Bahninsider, Lobbyorganisationen, Bahnunternehmen aber auch bahnkritische Stimmen zu den für mich interessantesten Themen rund um die Bahn befragt. Im Rahmen meiner Beitragsreihe „Bahner im Gespräch“ darf ich euch nun im Zweiwochenrhythmus die spannendsten Antworten der Experten auf meinem Blog präsentieren.
Auch meine eigene Meinung wird im Rahmen dieser Beitragsreihe natürlich nicht zu kurz kommen.  

Gleich zu Anfang möchte ich mich bei allen mitwirkenden Experten ganz herzlich bedanken, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mich zu unterstützen und meine Fragen zu beantworten. Was für ein großartiges Zeichen der Hilfsbereitschaft! 

Und schon legen wir mit der Frage los, die uns heute beschäftigt:

Was sind Ihrer Meinung nach Irrtümer oder Fehleinschätzungen, wenn über die Zukunft der Bahn diskutiert wird?

Wir starten gleich mit dem heimischen Mobilitätsgiganten…

Zitat Bernhard Rieder, ÖBB, für Bahner im Gespräch

ÖBB Holding Pressesprecher Bernhard Rieder:

Für uns ist ganz wichtig, dass bei allen Diskussionen der Fahrgast im Mittelpunkt steht.
In Österreich haben wir einen integrierten Taktfahrplan, das heißt das gesamte Bahnnetz in Österreich ist aufeinander abgestimmt und wir haben eine sogenannte Vernetzung in der Fläche, was uns als ÖBB sehr wichtig ist.
Wir sehen es daher als durchaus kritisch, wenn im Zuge der Trassenvergabe Punkt zu Punkt Verkehre bevorzugt werden und sich für Fahrgäste, die nicht auf dieser Hauptstrecke unterwegs sind, Verschlechterungen ergeben.

Hier könnt ihr mehr von Bernhard Rieder lesen.

Auch mein Bloggerkollege hat sich für mich und meine Fragen Zeit genommen…

Zitat Tim Grams, der bloggende Bahner, für Bahner im Gespräch

Tim Grams, der bloggende Bahner (Bahnblogger, Online und Social Media Redakteur bei DB Vertrieb GmbH):
  1. Die Bahn muss sich auf das Kerngeschäft beschränken.
  2. Die Deutsche Bahn macht nichts für die Digitalisierung.

Zwei Punkte, die sich immer wieder gegenüberstehen.

Die Deutsche Bahn sollte sich nicht nur auf das Kerngeschäft konzentrieren, sonst ist die Deutsche Bahn in 5 Jahren nicht mehr das, was sie heute ist. Und zwar meine ich das als Rückschritt. Wir stehen vor sehr großen Veränderungen im Bereich der Mobilität und da gehört nunmal auch die Bahn zu, die sich mit verändern und anpassen muss.

Die Deutsche Bahn hat die Digitalisierung verschlafen, aber mehr nicht. Seitdem man im Bahn-Tower in Berlin aufgewacht ist, geht es mit voller Kraft voraus. Der große Felsbrocken kommt so langsam ins Rollen und wenn man die Geschwindigkeit beibehält, freue ich mich sehr auf die nächsten Jahre!

Besucht Tim auf seinem Blog und folgt @bloggendebahner auf Twitter!

Zitat Klaus Garstenauer für Bahner im Gespräch

Klaus Garstenauer (Leiter Nah- und Regionalverkehr bei ÖBB Personenverkehrs AG):

Die Liberalisierungsdebatte wird völlig verkürzt und vielfach dogmatisch geführt. Wir erleben eine Abkehr von den Grundideen der europäischen Bahnreform, die zum Ziel hatte, die Bahnen kundenorientiert und als Unternehmen aufzustellen. Im Zuge der Vergabe von Verkehrsdiensteverträgen (egal ob direkt oder wettbewerblich) ziehen die Aufgabenträger sehr viele Gestaltungskompetenzen an sich. Servicelevels werden da sehr bürokratisch vorgegeben und für Kreativität, die sich aus dem täglichen Umgang mit den Fahrgästen speist, ist in den Leistungsspezifikationen wenig Platz. Über entsprechende Pönalisierungen werden die Bahnen zu Pünktlichkeit, Sauberkeit und Schadensfreiheit „geprügelt“, aber Innovationen im Sinne von Servicedesign finden nicht statt. Am traurigen Ende der Entwicklung beschränkt sich die Aufgabe, Personal und Fahrzeuge nach den exakten Vorgaben beamteter Aufgabenträger einzusetzen. Wollen wir da wirklich hin?

Mehr von Klaus Garstenauer gibt es via @GarstenauerK auf Twitter für euch. 

Wenn es um die Zukunft der Bahn geht, geht es einfach nicht ohne Allianz pro Schiene…

Zitat Dirk Flege für Bahner im Gespräch

Dirk Flege (Geschäftsführer von Allianz pro Schiene):

Am meisten stören mich nicht die Irrtümer. Die können immer vorkommen. Wirklich schwer zu ertragen ist die Phantasielosigkeit und Lieblosigkeit, mit der Deutschland seine Eisenbahn behandelt.

Dirk Flege ist unter @DirkFlege auf Twitter aktiv und von der Allianz pro Schiene gibt es hier mehr für euch.

Natürlich sind auch private Unternehmen auf der Schiene ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Mobilität und somit auch ganz wichtig…

Zitat Thomas Posch für Bahner im Gespräch

Thomas Posch (Chief Commercial Officer bei Westbahn und ehemaliger Mitarbeiter der ÖBB Personenverkehrs AG):

Wenn man alles in staatlicher Hand hält bleibt alles besser, bzw. dass man Qualität, Sicherheit und Effizienz bei der Bahn nur dann findet, wenn der Betrieb auf der Schiene zu 100% in staatlicher Hand bleibt.
Gerade die Westbahn zeigt, dass Qualität, Effizienz und Sicherheit auch von privaten Unternehmen sichergestellt werden kann.

Wenn ihr mehr von Thomas Posch auf den sozialen Medien lesen wollt, dann müsst ihr wohl eure #followerpower einsetzen und @WESTbahn1  auf Twitter beknien, ihn ab und zu direkt zu Wort kommen zu lassen ;-).

Last but not least meine Wenigkeit…

Niki Schmölz

„Die Bahn hat keine Zukunft!“ ist für mich die größte Fehleinschätzung, wenn man über die Zukunft der Schiene bzw. Zukunft der Mobilität diskutiert.
Der Verkehrsträger Schiene bietet Lösungsansätze zu vielen Problemen in der heutigen Gesellschaft.
Die Bahn weist vor allem ein großes Maß an Energieeffizienz auf, aber auch die CO2 Bilanz kann sich durchaus sehen lassen. Vor allem im Hinblick auf das Pariser Klimaschutzabkommen sind diese beiden Faktoren nicht unwesentlich.
Öffentliche Verkehrsmittel, speziell auch die Bahn, sind zudem auch sehr „platzsparend“. Sie können auf wenig Raum sehr viele Menschen unterbringen und sicher von A nach B bringen. Solche Massentransportmittel werden in der innerstädtischen Mobilität, aber auch bei Verbindungen zwischen Ballungszentren, von großer Bedeutung sein.
Effizienz, Zuverlässigkeit und Komfort sind beim Zug überhaupt groß geschrieben: Wenn wir uns überlegen, dass teilweise 1.200 Menschen mit 360 km/h durch die Landschaft fegen, währenddessen gemütlich essen und sich nebenbei einen Film ansehen, dann wissen wir, dass Komfort, Geschwindigkeit und Effizienz nicht mehr nur dem Flieger vorbehalten sind.
Das Schienennetz in Europa und Asien wird jedes Jahr leistungsfähiger und größer für eben noch mehr Effizienz, Qualität, Sicherheit und eine starke Zukunft Bahn.

Um es nun kurz auf den Punkt zu bringen: Die Bahn kann mit sehr wenig Energie, viele Menschen bewegen und stößt dabei vergleichsweise wenig Emissionen aus (manchmal sogar schon emissionsfrei unterwegs). Die Reisenden können guten Service und größtmöglichen Komfort genießen. Das kann so sonst keiner. Das ist meiner Meinung nach die Zukunft.

https://www.instagram.com/p/BbFbsJ7Bg6K/

Herzlichen Dank nochmal an die überaus hilfsbereiten Experten, die mich mit ihren Beiträgen als „Bahner im Gespräch“ unterstützen!

Welche spannenden Fragen rund um das Thema Bahn würde ihr gerne mal an die Experten richten? Wie hat euch der erste Artikel in meiner neuen Reihe gefallen? Schreibt es mir einfach in die Kommentare, damit ich euch weiterhin interessante Beiträge und Experten auf meinem Blog näher bringen kann. Wenn ihr mich unterstützen möchtet, dann folgt mir auf Twitter und Instagram und teilt diesen Beitrag in den sozialen Netzwerken.

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