Der RegioJet

Jan 14, 2018 | Personenverkehr

Seit dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember befährt ein neues Unternehmen Österreichs Schienen und so hat die ÖBB auf einer weiteren Strecke ihr Monopol verloren. Doch was steckt hinter dem Unternehmen und wie sieht die ÖBB die neue Konkurrenz auf der Strecke Wien-Prag?

Das Unternehmen hinter der Marke RegioJet

RegioJet ist die Marke des tschechischen Reiseunternehmens Student Agency.
Das Unternehmen ist auf den Verkauf von Bus-, Flug- und Bahntickets spezialisiert und seit über 20 Jahren im Geschäft.
Auch wenn der Firmenname es vielleicht nicht vermuten lässt, ist die Zielgruppe breit gestreut und nicht auf Studenten beschränkt.
Auf der Homepage heißt es dazu wörtlich: „Das Wort ‚Student‘ im Namen der Gesellschaft grenzt nicht die Zielgruppe, sondern die Tatsache ab, dass man lebenslang viel zu lernen und kennenzulernen hat. Die Gesellschaft STUDENT AGENCY bietet das Kennenlernen durch Reisen für jedermann in jedem Alter.“ [note]  https://www.studentagency.eu/de/ zugegriffen, am 5.11.2017 [/note]
Mit der Marke RegioJet ist das Unternehmen seit Jahren im Fernbusgeschäft, vor allem in Tschechien aber auch im übrigen Europa – Österreich, Deutschland, Polen, Slowakai, Ungarn, Italien, Frankreich, England und in einigen mehr.
RegioJet gilt als einer der ältesten Player am europäischen Fernbusmarkt. Gestartet sind die gelben Busse 2004 auf der Strecke Prag – Brünn. Seit damals will man mit niedrigen Preisen und hohem Komfort überzeugen und Kunden anlocken. Recht erfolgreich, wenn man betrachtet, wie stark das Netz in den letzten Jahren gewachsen ist. [note] Vgl.: https://www.regiojet.com/en/timetables-and-stops/stops/ zugegriffen, am 5.11.2017 [/note]
regiojet_bus

RegioJet auf Schiene

2009 wurde RegioJet als Marke gegründet, seit 2011 ist sie auch auf der Schiene vertreten. Angefangen hat es mit einem regelmäßigen Personenverkehr zwischen Prag – Ostrava – Žilina – Košice. 2012 erhielt die RegioJet-Tochtergesellschaft in Bratislava vom slowakischen Verkehrsministerium den Auftrag für inländischen Schienenverkehr zwischen Bratislava – Dunajská Streda – Komárno.
Seit 2015 sind die gelben Züge auch auf der Strecke Prag – Olomouc – Přerov unterwegs. RegioJet ist aber immer an weiterem Streckenausbau interessiert und nimmt, laut eigenen Angaben, auch an vielen Ausschreibungen in Tschechien und der Slowakei teil. [note] Vgl.: https://www.regiojet.de/uber-uns/unsere-geschichte/ zugegriffen am 15.12.2017 [/note]

RegioJet auf Österreichs Schienen

Seit 10. Dezember 2017 ist man auch auf österreichischen Schienen unterwegs. Der tschechische Billiganbieter fährt viermal täglich auf der Strecke Wien Hbf. – Wien Simmering – Breclav – Brno hl.n (Brünn Hbf.) – Brno-Zidenice – Pradubice hl.n – Praha hl.n (Prag Hbf.)
Der Zug fährt in Wien im 4-Stundentakt. Abfahrt in Wien Hauptbahnhof in Richtung Prag ist immer um 6:30, 10:30, 14:30 und 18:30.
Die Fahrzeit beträgt 4 Stunden und 12 Minuten. Zum Vergleich: Mit dem Railjet von ÖBB und České dráhy (tschechische Staatsbahn) fährt man zwischen 3 Stunden 57 Minuten und 4 Stunden 4 Minuten. [note] http://fahrplan.oebb.at/bin/query.exe/dn? [/note]
regiojet_anzeigentafel

Als Partner in Österreich fungiert die Graz Köflacher Bahn, kurz GKB, die die Lizenzen in Österreich hält und ab der Grenze Lokführer und Schaffner stellt. Sie ist auf dem österreichischen Abschnitt der Operator.  GKB, die zu 100% der Republik Österreich gehört, gilt jedoch offiziell als Privatbahn. Sie ist sowohl im Regionalverkehr mit Bus und Bahn aber gemeinsam mit Partnern auch im internationalen Güterverkehr zuhause.  Die Graz Köflacher Bahn tritt somit in den Personenfernverkehr ein, Geschäftsentscheidungen trifft jedoch allein RegioJet.
Man rechnet auf der neuen Bahnlinie mit zirka 200 Fahrgästen pro Zug und somit mit 1 Million Fahrgästen pro Jahr. [note] Vgl.: https://diepresse.com/home/wirtschaft/unternehmen/5336545/Regiojet_Tschechische-Privatbahn-fordert-OeBB-auf-Strecke-PragWien zugegriffen am 15.12.2017 [/note]

Das Wagenmaterial

wagenmaterial_regiojet
Low-Cost Abteil im RegioJet

Das Wagenmaterial, mit dem RegioJet auch in Richtung Wien unterwegs ist, besteht aus 96 modernen, klimatisierten Wagen, die für eine Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h konstruiert wurden. Den Kern der Flotte bilden Wagen der österreichischen und schweizerischen Bundesbahnen. Die rumänische Gesellschaft ASTRA Vagoane Călători baute die Wagen für RegioJet um. Gezogen werden die Garnituren von einem Vectron aus dem Hause Siemens. [note] Vgl.: https://www.regiojet.de/uber-uns/unser-flotte/ zugegriffen am 16.12.2017 [/note]

regiojet_vectron

So punktet der Neue

Auch wenn der Neue ein paar Minuten länger braucht, punktet er doch in sehr vielen Bereichen.
Zunächst preislich: ein Standardticket zwischen Wien und Prag kostet 15,- Euro. In der Relaxklasse kostet die einfache Fahrt 22,- Euro und in der Businessklasse 29,- Euro. Ein reservierter Sitzplatz ist in der Buchung mit inbegriffen und kostenlos stornieren kann man bis 15 Minuten vor Abfahrt.
In allen Klassen hat man freien Zugang zu WLAN, eine Auswahl an kostenlosen Magazinen und Zeitungen sowie eine Auswahl an Filmen und Serien, in Tschechisch und Englisch, die man auf den in die Sitze integrierten Bildschirmen oder auf einem eigenen Endgerät konsumieren kann. Jeder Sitzplatz hat übrigens auch eine 230 V Steckdose.
Zudem sind in allen Komfortklassen Wasser, Tee und Illy-Kaffee im Preis enthalten.
Speisewagen gibt es keinen. Speisen und Getränke werden vom Bordpersonal an den Platz gebracht. Die Preise sind übrigens sehr moderat: Gefüllte Croissants um einen Euro, Kuchen um 40 Cent, ein Sushi-Set um 3,60 Euro, Bier um 80 Cent. Da ist es billiger, man lässt sich die Verpflegung im Zug servieren, als sich im Bahnhofsshop auszurüsten? [note] Vgl.: https://diepresse.com/home/wirtschaft/unternehmen/5336545/Regiojet_Tschechische-Privatbahn-fordert-OeBB-auf-Strecke-PragWien zugegriffen am 15.12.2017 [/note]

ÖBB vs. RegioJet

Seit Dezember 2014 fahren die Railjets von ÖBB und České dráhy auf der Strecke Graz – Wien – Prag. Das Monopol der beiden Staatsbahnen endete am 10. Dezember letzten Jahres. Für die ÖBB natürlich ein herber Schlag. RegioJet ist fast genauso schnell wie der Hochgeschwindigkeitszug der Bundesbahnen, zudem sind Tickets und Verpflegung an Board deutlich billiger. Außerdem bietet das tschechische Unternehmen viel Entertainment mit Musik, Filmen, Serien und Printmedien.

Die Vorteile der Österreichischen Bundesbahnen sind klar, sie bieten einen 2 Stundentakt zwischen Wien und Prag. Zudem binden sie mit ihrem „Pragzug“ auch Graz direkt an und der Zug ist in den Fahrplan der ÖBB gut integriert. Auch durch eine neue Früh- und Spätverbindung seit dem Fahrplanwechsel 2017/2018 will man der privaten Konkurrenz den Kampf ansagen.
Man hat die Sparschienepreise von 19,- Euro auf 14,- Euro  herabgesetzt – jedoch muss man für diesen Tarif Tage bzw. Wochen vorher buchen. Der Regulärpreis von Wien nach Prag in der zweiten Klasse beträgt ohne Vorteilscard 66 Euro.

Auf eine Anfrage von mir, heißt es in einem Statement der ÖBB, durch Pressesprecher Bernhard Rieder, zum neuen Konkurrenten:
„Die Strecke Wien Prag ist eine der wichtigsten internationalen Relationen der ÖBB. Wir fahren seit einigen Jahren in Kooperation mit der CD im 2-Stundentakt von Graz über Wien nach Prag. Eingesetzt werden nur moderne Railjet Garnituren, entweder von der ÖBB oder unserem Partner der CD. Mit Fahrplanwechsel im Dezember 2017 haben wir unser Angebot weiter ausgebaut und auch noch in den Tagesrandzeiten weitere Verbindungen nach Tschechien aufgenommen. Mit der Sparschiene geht es schon um 14,- Euro von Wien nach Prag – ein Angebot, das sich sehen lassen kann.

Niki zu RegioJetIch selbst finde neue Ideen und mehr Angebot auf der Schiene immer großartig. Gerade die preiswerten Tickets tragen in meinen Augen zu einer Verkehrswende auf die Schiene bei. Außerdem ist ein Aufbrechen des Monopols von ÖBB und České dráhy auf der Strecke Wien-Prag eine gute Sache. Das hat man ja schon beim Eintritt der Westbahn beobachten können. Das Mobilitätsangebot von ÖBB und Regiojet kann man natürlich nicht vergleichen und das Angebot der Staatsbahnen bildet ein essentielles Grundgerüst für den Bahnverkehr zwischen den beiden Städten.

Ich selbst freu‘ mich schon darauf, den RegioJet in den nächsten Monaten zu testen – mehr darüber könnt ihr dann auf Eisenbahn.blog lesen.

Was haltet ihr vom RegioJet und seid ihr schon einmal damit gefahren? – schreibt mir einfach in den Kommentaren!

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