Generation Y und die Bahn

Nov 26, 2017 | Innovation

Wie wird die Bahn Teil eines modernen Lebensstils?

Die Bahnkonzerne wollen mehr Menschen auf die Schiene bringen. Die Politik will umweltfreundliche Mobilität für alle und ist drauf und dran, einen zukunftsfähigen Verkehrsträger zu schaffen.
Aber um die Eisenbahn für die Zukunft fit zu machen, muss man es auch schaffen, dass ein großer Teil der Bevölkerung gerne auf die Bahn umsteigt. Ein guter Ansatz wäre hier natürlich, die Generation Y, sprich die Jugend, auf die Bahn aufmerksam zu machen, weil Kinder und Jugendliche die Zukunft eines jeden Staates und einer jeden Gesellschaft sind.
Da ich auch zur Generation Y gehöre, habe ich mich mit der Frage beschäftigt: Wie kann man es schaffen, dass die Bahn ein Teil des modernen Lebensstils wird?
Und folgende Punkte sind meines Erachtens essentiell, um gerade auch junge Menschen auf Schiene zu bringen:

  • Finanzielle Hürden beseitigen

So wie für jedes Verkehrsmittel gilt auch für die Bahn: Je billiger, desto besser und desto höher ist die Chance, dass die Leute die Bahn zumindest mal ausprobieren. In Europa leben sehr viele Menschen, die noch nie mit der Bahn gefahren sind bzw. wo es schon Jahrzehnte her ist.
Ich denke auch, dass man hier vor allem für die junge Bevölkerung finanzielle Hürden beseitigen muss. Schülerinnen, Lehrlinge, Studentinnen und Menschen, die erst seit kurzem im Berufsleben angekommen sind, sollte man nicht zu stark mit Kosten für Mobilität belasten. Natürlich haben wir in Deutschland die Bahncard Jugend und in Österreich die Vorteilscard Jugend oder ein Sommerticket. Diese Bonussysteme sind keineswegs schlecht oder unnütz. Ich selbst bin ein absoluter Fan und auch Nutzer der Vorteilscard und des Sommertickets. Aber für einen Studenten, der von Wien nach Linz nach Hause fährt, sind EUR 35,50, – (Preis ohne Vorteilscard, laut ÖBB Onlineauskunft) zu viel. Ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember ist es sogar noch ein bisschen teurer ;-). Für hin und retour wären es dann schon über EUR 70, –. Für einen Studenten eine Menge Geld. Mit der kostenpflichtigen Vorteilscard wäre es nur der halbe Preis. Wesentlich billiger, klar, aber meines Erachtens auch noch ein preislicher Grenzfall.

Mit Mitfahrbörse, Fernbus oder dem Auto der Eltern ist die Reise natürlich wesentlich billiger.
Ein Ansatz wäre hier, über flexible Preismodelle zu sprechen, wie sie zum Beispiel FlixBus oder die meisten Airlines haben. Der Ticketpreis wird je nach Auslastung verändert (geringe Auslastung = niedriger Preis, hohe Auslastung = hoher Preis), und wer früh bucht, bekommt es auch billiger. Hiervon würden Kunden und Bahnbetreiber definitiv profitieren. Ein Gewinn wäre es außerdem, wenn es wieder möglich wäre, Bahntickets ohne Aufpreis auch im Zug kaufen zu können. Das schafft Flexibilität für den Kunden und ist zudem auch komfortabel, wenn man einfach einsteigt und im Sitzen beim Schaffner das Ticket kauft.
Auch für Familien sollte die Bahn billiger werden, denn umso früher man Kinder und Jugendliche in Verbindung mit der Eisenbahn bringt, umso besser. Außerdem ist der Zug der optimale Platz für die Familienreise. Man muss für den Toilettengang oder fürs Windel Wechseln nicht anhalten, man kann gemütlich Spiele spielen, gemeinsam einen Film schauen oder einfach entspannt miteinander quatschen.

  • Digitalisierung leben

Ein wichtiger Punkt, um junge Leute auf den Zug zu bringen, ist die Digitalisierung. Man sollte den Menschen auf langen, aber auch auf kurzen Reisen mit dem Zug ein gewisses Spektrum an digitalen Möglichkeiten bieten. Das heißt in meinen Augen: eine funktionierende Steckdose an jedem Platz, funktionierendes WLAN in allen Reiseklassen und eine klare Verbesserung der Mobilfunkqualität entlang der Strecken. Diese drei Dinge sind wesentlich, um den Zug zum Lernen, zum Arbeiten oder einfach nur zum Filme Schauen nutzen zu können. Mir ist klar, dass die Bahnbetreiber an diesen Punkten intensiv arbeiten und investieren. Aber man hat nicht einmal im Fernverkehr ein flächendeckendes WLAN-Netz. Ich denke, das ist noch stark ausbaufähig. Und wenn der Zug voll ist, ist die Internetverbindung so langsam, dass man es auch nicht nutzen kann. Kostenlose onboard Portale mit Serien, Filmen, Zeitungen und Zeitschriften sind natürlich ein zusätzlicher Gewinn.
Deutsche Bahn und ÖBB haben dies teilweise auch schon umgesetzt, und bei den ÖBB kann ich aus Erfahrung sprechen: es funktioniert wirklich gut!

Aber die Digitalisierung sollte schon vor Antritt der Reise beginnen. Ein System, wo man die Tickets und Bonus- bzw. Vorteilskarten schnell und sicher buchen kann. Die meisten Bahnen haben so ein System bereits, jedoch kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass dies nicht immer reibungslos funktioniert.
Zudem sind für den Konsumenten Echtzeitinformationen, die er immer und überall mit dem Smartphone , Tablet oder Laptop abrufen kann, enorm wertvoll. Schnelle Information über Anschlussmöglichkeiten, Verspätungen, geänderte Einfahrten oder umgekehrte Wagenreihungen. Schneller Informationsfluss an den Kunden und frühzeitig vorgeschlagene Alternativen oder Ausweichrouten würden die Zuverlässigkeit und Attraktivität der Bahn in jedem Land stark steigern.

Ich denke, dass gerade der Punkt Digitalisierung für alle Fahrgäste von größter Bedeutung ist, vom Studenten über den „normalen Pendler“ bis zum Geschäftsreisenden.

  • Angebot und Kapazitäten schaffen

In einer schnelllebigen Welt braucht man ein Verkehrsmittel, das immer verfügbar ist und auch abseits der Stoßzeiten ein attraktives Angebot zur Verfügung stellt. Also nicht nur, wenn ich unter der Woche zur Schule fahre, sondern auch wenn ich ins Nachtleben starte, sollte die Bahn ein zuverlässiger Partner sein. Sprich, die Bahn muss rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, zur Verfügung stehen und ein Mobilitätsangebot schaffen.
Aber auch größere Kapazitäten, nicht nur während der Rushhour,  zur Verfügung zu stellen, ist enorm wichtig. Wenn wir bei dem Beispiel eines Studenten, der am Wochenende nach Hause fährt, bleiben: Am Freitagabend muss man auf der Strecke von Wien nach Linz schon Glück haben und als Erster einsteigen, um einen Sitzplatz zu finden. Am Sonntag haben wir dasselbe Problem in die andere Richtung. Es ist auch nicht selten, dass Züge von Securitys oder der Polizei geräumt werden müssen, weil sie zu voll sind.
Auch Aufrufe der Bahnen, sich einen Sitzplatz zu reservieren – meist vor langen Wochenenden – sehe ich bei kritischer Betrachtung schon als etwas armselig. Einerseits wissen die Bahnen von einem großen Andrang, aber anstatt einfach genug Kapazitäten zu schaffen, soll man halt reservieren. Und wer nicht reserviert hat, wird halt dann rausgeworfen, wenn der Zug zu voll ist.
Die Bahnen wissen ja Monate vorher, wann starke Reisetage rund um Feiertage oder Veranstaltungen anstehen. Und wenn ich mich im Zug für alltägliche Reisestrecken um Reservierungen kümmern muss, verliert die Bahn für mich einen ihrer größten Anreize. Nämlich einfach auf den Bahnhof zu gehen, ein Ticket zu kaufen und einzusteigen. Und wenn ich als Schülerin oder Studentin jedes Mal wieder keinen Sitzplatz bekomme, aber voll zahlen muss, dann kann mir der Zug wirklich gestohlen bleiben.
Das Anpassen an den Konsumenten und an die Bedürfnisse des Konsumenten ist für einen Mobilitätsanbieter sehr wichtig (z.B. rund um Großveranstaltungen, etc.). Die ÖBB bietet zum Beispiel zum Nova Rock Festival Shuttlezüge an. Eben um einerseits den normalen Betrieb nicht allzu stark zu belasten und um für die Festivalbesucher ein großes Angebot zu schaffen.

  • Marketing und Promotion

Ein nach wie vor wichtiger Punkt, um junge Menschen auf den Zug zu bringen, ist heutzutage zu zeigen, was die Bahn kann. Man darf nicht vergessen, dass die Bahn noch immer einen schlechten Ruf hat. Die Bahn muss zeigen, was sie kann!

Es gab in der EU ja einmal die Idee, jedem Achtzehnjährigen ein Interrailticket für Europa zu schenken. Diese Idee ist leider dem zu kleinen Budget zum Opfer gefallen. Ein kleines Förderprogramm für Schüler soll als eine billige Alternative aushelfen[note]Vgl.: http://www.spiegel.de/forum/reise/statt-interrail-ticket-fuer-18-jaehrige-eu-kommission-will-schuelern-reisezuschuss-zahl-thread-583661-1.html zugegriffen am 17.06.2017[/note]
Dabei sind, wie oben erwähnt, bereits Sonderzüge zu Events meines Erachtens großartige Marketingmaßnahmen.
Social Media Offensiven mit jungen Bloggern, YouTubern oder Sportlern haben meiner Meinung nach einen guten Marketingwert und schaffen für die junge Bevölkerung Identifikation mit dem Transportmittel Bahn.
Die ÖBB nutzt genau das gerade bei der Promotion ihrer Nightjets.
Online-Influencer werden auf ihrer Reise mit dem Nachtzug begleitet.

Um eine Zukunft Bahn gewährleisten zu können, muss man es schaffen, die Bahn in den modernen Lebensstil zu integrieren. Die oben angeführten Maßnahmen und Ideen wären meiner Meinung nach Grundpfeiler, um dies zu schaffen. Die Umsetzung der oben genannten Punkte kommt natürlich allen Bahnfahrern zu Gute und wäre für uns alle wichtig, nicht nur für die Generation Y.
Wie bereits oben erwähnt, haben die Bahnbetreiber oft einfach zu wenig finanzielle Mittel für solche Maßnahmen. Aufgrund unterschiedlicher Prioritäten und Vorstellungen der politischen Parteien, kommt es nach jeder Amtsperiode zu einem neuen Kurs.
Es liegt an der Politik, hier die Weichen und genügend Investitionsmittel und Subventionen zur Verfügung zu stellen. Denn es sind Investitionen für die Umwelt, für unsere Kinder und für unsere Zukunft.

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