„Green Deal“ braucht mehr Schiene in Europa!

Nov 8, 2022 | Bahnindustrie, Innovation, Personenverkehr

Am 12.10. 2022 fanden sich Funktionär:innen und Geschäftsführer:innen der österreichischen Schienenbahnen im Europäischen Parlament in Brüssel zu einem Round Table ein. Auf Initiative von Monika Unterholzner, Geschäftsführerin der Wiener Lokalbahnen und Vorsitzende des EU-Ausschusses im Fachverband Schienenbahnen, und Einladung des Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Andreas Schieder, diskutierte eine ausgewählte Runde die Leistungen der Schiene in Österreich sowie über Chancen und Herausforderungen, um mehr Personen und Güter in ganz Europa auf die Schiene zu bringen.

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Gleich in ihrer Begrüßung unterstrich Monika Unterholzner die zentrale Bedeutung des schienengebundenen Verkehrs: „Die Schiene ist Wirtschaftsmotor, Klimaschützer und Arbeitgeber. Österreich hat hier in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle eingenommen und sich eine Spitzenposition erarbeitet. Jetzt geht es darum, zentrale Entscheidungen zu treffen, damit die Schiene – vor allem durch die aktuell hohen Belastungen im Energiebereich – nicht ins Hintertreffen gerät und um die Bedeutung der Schiene für eine klimaneutrale Zukunft noch mehr hervorzuheben.“

Infrastrukturelle Basis für den Green Deal schaffen

Ein Thema der Veranstaltung, bei der EU-Abgeordnete fraktionsübergreifend teilnahmen, waren die Probleme des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs. Dabei verwies Franz Hammerschmid von der ÖBB-Infrastruktur AG unter anderem auf die notwendige Entwicklung bzw. Erneuerung der Infrastruktur der EU-Mitgliedstaaten im Osten Europas.
Auch Thomas Scheiber, Obmann des Fachverbands der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer Österreich, betont die Bedeutung Europas: „Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene europaweit stärken und Belastungen senken. Und das bedeutet: Um eine Gleichstellung der Schiene mit der Straße haben wir in der Vergangenheit immer wieder gekämpft. Das ist jetzt vorbei. Wir brauchen eine deutliche Stärkung der Schiene gegenüber dem Individualverkehr auf der Straße.“

Vorrang des öffentlichen Verkehrs für mehr Klimaschutz

Wie klimafreundliche Mobilität erfolgreich funktioniert, zeigt auch Wien seit Jahren vor. „Der öffentliche Verkehr hat im Modal Split den Autoverkehr längst überholt. Für Ausbau und Modernisierung von Infrastruktur und Angebot braucht es ein eindeutiges Bekenntnis und weitere Investitionen in den öffentlichen Verkehr“, erklärt Alexandra Reinagl, Geschäftsführerin der Wiener Linien.
Zudem unterstreicht sie die Bedeutung von multimodalen Mobilitätsknoten und das Anbieten neuer Mobilitätsdienste.

Was in Wien schon hervorragend funktioniert, muss auch in den Regionen seine Fortsetzung finden. Mit der Badner Bahn zwischen Wien und Baden wird seit vielen Jahrzehnten gezeigt, wie effizient Regionalbahnbetrieb sein kann und welche wirtschaftliche Bedeutung der öffentliche Verkehr auch für ländliche Regionen hat.
„Auch in der Region muss mehr in den öffentlichen Verkehr investiert werden, um das Angebot so attraktiv zu machen, damit die Menschen bewusst das Auto stehen lassen und mit der Bahn fahren. Diese Investitionen braucht es, um unseren Klimazielen näherzukommen“, ergänzt Unterholzner.

Große Herausforderungen im Schienengüterverkehr

Die Pariser Klimaschutzziele sind ohne eine verstärkte Verlagerung der Transporte von der Straße auf die Schiene schlichtweg unerreichbar – das bestätigen sämtliche unabhängigen ExpertInnen. Und genau das Gegenteil passiert gerade. Österreichische Schienengüterverkehrsunternehmen stehen durch die aktuellen Verwerfungen am Energiemarkt vor enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, bekräftigen Hana Dellemann, Geschäftsführerin der Raaberbahn AG, und Bernd Müller, Geschäftsführer der Wiener Lokalbahnen Cargo GmbH.

Dringendes Ziel muss es daher sein, bezahlbare Bahnstrompreise anbieten zu können, damit die Schiene im Güterverkehr mit dem Lkw konkurrieren kann und klimafreundliche Mobilität für alle Menschen in der EU bezahlbar bleibt. Eine effiziente und dringend notwendige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen sei aus Sicht der Branche ein Überdenken des Merit-Order-Prinzips bei der Bahnstromerzeugung. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass einige Mitgliedstaaten die Preisgestaltung für Dieselkraftstoff unterstützen und damit ein nicht nachhaltiges Verkehrsmittel begünstigen.
„Jeder auf der Schiene gefahrene Meter ist ein Schritt zu mehr Klimaschutz und zur Umsetzung des europäischen Green Deals“, so Unterholzner abschließend und verweist auf das Schreiben des Fachverbands an die EU-Kommission mit konkreten Forderungen und einem Maßnahmenkatalog. 

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