Die rot-pinke Verkehrsstrategie für Wien

Nov 18, 2020 | Personenverkehr

Wien hat eine neue Stadtregierung: SPÖ und NEOS haben in den vergangen Tagen Ihre Inhalte präsentiert: Die beiden Parteien sprechen von einer Fortschrittskoalition für Österreichs Hauptstadt. Ich habe mir das Koalitionsprogramm im Hinblick auf das Thema Mobilität genauer angesehen.


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Klares Bekenntnis zu nachhaltiger Mobilität

Im neuen Regierungsprogramm der rot-pinken Koalition in Wien bekennt man sich zu Klimaschutz und vor allem auch zu nachhaltiger Mobilität. Der Fokus wurde vor allem auf E-Mobilität und den Umweltverbund, ÖV, Rad- und Fußverkehr gelegt. Man will so vor allem den privaten Autobesitz in Wien reduzieren.

…„Mobilität und Verkehr sind von zentraler Bedeutung für die Menschen in Wien. Sie bestimmen wesentlich die Lebensqualität der Bürger_innen und sind ein wichtiger Motor für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort. Die Smart City Wien ermöglicht komfortable, sichere, barrierefreie und leistbare Mobilität für alle, auch ohne eigenes Auto.“…

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Ausbau des Wiener ÖPNV

Wien ist die Welt-Öffi-Hauptstadt: Das will die neue Stadtregierung laut ihrem Programm auch bewahren. Man spricht davon, dass der ÖPNV in der Verkehrspolitik Priorität haben muss! Man will in der Stadtgestaltung und Stadtplanung dem öffentlichen Verkehr immer den Vorrang gegenüber dem motorisierten Individualverkehr geben.

Neben dem sich bereits im Bau befindlichen Linienkreuz U2/U5 mit Verlängerungen bis Hernals und Wienerberg sowie der Modernisierung der U4 sollen vor allem Straßenbahnen verlängert werden, auch über die Stadtgrenzen hinaus.

So sollen die Straßenbahnlinien 12, 18, 25 und 27 verlängert und damit neue Stadtteile erschlossen sowie neue Umsteigemöglichkeiten zur U-Bahn geschaffen werden.
Bis 2025 will man zudem mindestens eine Straßenbahnlinie über die Stadtgrenzen hinaus verlängern. Mögliche Routen sind eine Verlängerung des 72ers nach Schwechat oder eine neue Straßenbahnlinie nach Groß Enzersdorf.

Mehr über den Straßenbahnausbau als Wirtschaftsfaktor lesen!

Auch im Busverkehr möchte man Routenführungen neu denken und somit Wege sowie Fahrzeiten verkürzen.

Auch in neue Niederflurstraßenbahnen, Busse und U-Bahn Garnituren soll weiterhin investiert werden. In Siebenhirten soll ein Kompetenzzentrum für Wasserstoff- und Elektrofahrzeuge der Wiener Linien entstehen.

Das 365,- Euro Ticket bleibt! Zudem werden 2 neue Zeitkarten eingeführt, die ab Entwertung eine Woche oder einen Monat gültig sind.

Ein S-Bahn Ring für Wien

Ein Wahlkampfthema, vor allem von den NEOS, war ein S-Bahn Ring für Wien. Nun hat die Idee auch Platz im Koalitionsabkommen gefunden.
So wird für den S-Bahn Ring eine Machbarkeitsstudie inklusive des möglichen Ausbaues

der Donauuferbahn durchgeführt. Weiters möchte man mit den ÖBB den Vertrag zum Ausbau der Verbindungsbahn überprüfen, um so die Möglichkeit eines Ringschlusses im Wiental sicherzustellen.
Mit den Österreichischen Bundesbahnen sollen Machbarkeit, Planung und Finanzierung ausgearbeitet werden.

Auch die stark frequentierte S-Bahn Stammstrecke soll weiter ausgebaut werden: Zwischen Matzleinsdorfer Platz und Praterstern soll die S-Bahn modernisiert werden.

Ziele sind die Erneuerung/Erweiterung der Bahninfrastruktur, inklusive Viadukte im 2. und 3. Bezirk, sowie die Verlängerung aller Bahnsteige auf 220 m und die Realisierung einer modernen Zugsteuerung, um einen 2-Minuten-Takt zu ermöglichen.
Ein 2-Minuten Takt ist hier ein sehr ambitioniertes Vorhaben; ob und wann das möglich sein wird, wird sich zeigen.

Fokus auf E-Mobilität

Aber auch die E-Mobilität findet sich in der rot-pinken Zukunftsvision für Wien: So sollen Taxis und Fahrdienste ab 2025 nur noch mit Elektroautos unterwegs sein und auch städtische Fahrzeuge, zumindest zum Großteil (wo es eben möglich ist), auf E-Antrieb umgestellt werden. So will man lokale Emissionen in der Stadt senken.
Durch Ökostrom an den Ladestellen kann man zudem übergeordnet positive ökologische Effekte erreichen.

Parkraumbewirtschaftung im Sinne der Verkehrswende

Im Jahr 2021 soll ein neues Parkraummanagementgesetz verabschiedet werden, wo man gestaffelt nach Fahrzeuggröße oder CO2 Emissionen, Parkgebühren einhebt und diese in den Umweltverbund (ÖPNV, Radfahrer, Fußgänger) investiert. Dieser Push-Faktor ist ein guter und wichtiger Ansatz für eine marktwirtschaftliche Verkehrswende.

Zudem bekennt man sich zu einer verkehrsberuhigten Innenstadt, wo man Park- bzw. Verkehrsflächen für das Auto nun für Grünraum, Geh- und Radwege nutzen will. Die Stadt will hier den Bezirk in Planung und Finanzierung unterstützen.
Das ist ein wirklich guter Impuls, wobei man abwarten muss, wie die Umsetzung im Detail aussieht. Der Plan klingt aber aktuell vielversprechend.
Gerade die innere Stadt bietet sich an, um das Auto zu verdrängen, da man hier durch zahlreiche Straßenbahn- und Buslinien sowie durch 4 U-Bahnlinien (bald 5) ein dichtes ÖPNV Angebot vorfindet. Laut Koalitionsabkommen evaluiert man zudem Citybus-Linien um Kapazitäten und Erreichbarkeiten zu verbessern.

Urbane Seilbahnen werden geprüft

Bis 2022 will man die Machbarkeit von Stadtseilbahnen (z.B. Hütteldorf-Ottakring) evaluieren. Eine Seilbahn im Natur- oder Landschaftsschutzgebiet (z.B. Kahlenberg) wird ausgeschlossen.

Seilbahnen eignen sich gut, um Niveauunterschiede bzw. „Barrieren“ zu überwinden, jedoch braucht es oft kostspielige Investitionen um für Umstiege das Niveau zwischen U-Bahn/Straßenbahn/Bus und der Seilbahn (meist in Hochlage) zu überwinden. Ansonsten kann es für Fahrgäste aus Zeitgründen oder auch durch nötige Anstrengung unattraktiv werden.

Bis 2025 Mobilitätsgarantie

Ziel hinter diesem Verkehrs- und Mobilitätsprogramm ist es, für alle WienerInnen eine Mobilitätsgarantie zu schaffen. Das heißt, für die WienerInnen soll es nicht notwendig sein, ein Auto zu besitzen. Neben einem starken Umweltverbund will man durch Carsharing, Taxis, Fahrdienste oder auch E-Scooter ein ökologisches und flexibles Mobilitätssystem für Wien und die WienerInnen schaffen.

Das Koalitionsprogramm beinhaltet wichtige Maßnahmen für eine Verkehrswende in Wien und eine nachhaltige Stadt. Viele der Maßnahmen sind keine neuen und finden sich bereits in anderen (älteren) Strategiepapieren. Obwohl das Budget für den Radverkehr vervierfacht wurde befürchten Kritiker, dass Wien von anderen Städten (beispielsweise Paris) abgehängt wird, da man nach wie vor an Straßenbauprojekten festhält und zu wenig den Geh- und Radverkehr forciert.
Wie immer werden wir die Umsetzung des Programms genau und kritisch beobachten und hoffen, dass man dem Programm treu bleibt oder vielleicht sogar darüber hinauswächst😉

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