DB InfraGO AG präsentiert Strategie für nachhaltige Schieneninfrastruktur in Deutschland

Jan. 22, 2024 | Bau, Infrastruktur

Die Deutsche Bahn (DB) enthüllte im Berliner Futurium vor 300 geladenen Gästen aus Politik, Bahn- und Baubranche die zentralen Handlungsfelder der neu gegründeten DB InfraGO AG. Das Unternehmen startet 2024 das bisher umfangreichste Sanierungs- und Modernisierungsprogramm für das Schienennetz und die Bahnhöfe, um die verkehrs- und klimapolitischen Ziele des Bundes sowie die Wachstums- und Verkehrsverlagerungsziele der Konzernstrategie „Starke Schiene“ zu realisieren.

Die DB InfraGO AG, entstanden aus der Fusion der beiden Infrastruktursparten des Konzerns, DB Netz AG und DB Station&Service AG, hat sich zum Ziel gesetzt, die Qualität, Kapazität und Stabilität des Eisenbahnbetriebs nachhaltig zu verbessern. Die Finanzierung für die notwendigen Arbeiten in den Jahren 2024 und 2025 ist bereits gesichert.

Das größte Infrastrukturprogramm der DB-Geschichte umfasst bis 2030 folgende Schlüsselmaßnahmen:

  1. Sanierung von über 4.000 hoch belasteten Streckenkilometern: Die DB InfraGO AG wird 40 Hochleistungskorridore entwickeln, um die Qualität der Strecken grundlegend zu verbessern.
  2. Sukzessive Modernisierung der 25.000 Streckenkilometer des Flächennetzes: Dies trägt dazu bei, den Zustand der Anlagen flächendeckend zu verbessern.
  3. Ganzheitliche Entwicklung von Bahnhöfen zu Mobilitätsdrehscheiben: Die Bahnhöfe werden zu attraktiven Zukunftsbahnhöfen gestaltet, die als Visitenkarten für Städte und Gemeinden fungieren.
  4. Kapazitätserweiterung im Bestandsnetz: Dies erfolgt durch zusätzliche Überleitstellen, mehr Überholmöglichkeiten und zusätzliche Signale, um den Blockabstand zwischen Zügen zu verringern.
  5. Digitale Modernisierung von Strecken bis 2030: Durch die Digitalisierung sollen mehr Kapazitäten auf der bestehenden Infrastruktur geschaffen werden.
  6. Ausbau von Serviceeinrichtungen: Neue Abstellgleise und Erweiterungen vorhandener Einrichtungen werden geschaffen, um die Vor- und Nachbereitung von Zugfahrten zu verbessern.
  7. Aus- und Neubau sowie Elektrifizierung von Strecken: Dies schafft neue Kapazitäten zur Umsetzung des Deutschlandtakts.

Mit über 60.000 Mitarbeitenden ist die DB InfraGO AG für das 33.400 Kilometer lange Streckennetz inklusive aller betriebsnotwendigen Anlagen und 5.400 Bahnhöfe verantwortlich. Täglich passieren mehr als 50.000 Züge die Infrastruktur, und mit etwa 21 Millionen Reisenden pro Tag sind die Bahnhöfe bedeutende Verkehrsdrehpunkte.

„Wir erleben die größte Zeitenwende für die Eisenbahn in Deutschland seit der Bahnreform. Die Schieneninfrastruktur ist zu alt, zu störanfällig und an vielen Stellen jenseits der Belastungsgrenze. Das zeigt auch der von uns für 2022 erstellte Netzzustandsbericht. Die betrieblichen Auswirkungen für die Menschen und die Wirtschaft sind massiv. Um diesen Abwärtstrend umzukehren, erneuern wir gemeinsam mit dem Bund sowohl Schienennetz als auch Bahnhöfe. Denn dies ist die entscheidende Voraussetzung, um die verkehrspolitischen Ziele zu erreichen und wieder mehr Qualität und Stabilität ins System zu bringen. Nichts anderes bedeutet für uns Gemeinwohlorientierung und genau dafür steht die neue DB InfraGO AG, die sich die Umsetzung des größten Infrastrukturprogramms für Kapazität und Qualität in zentralen Handlungsfeldern zur Kernaufgabe gemacht hat. Ich bin froh und dankbar für die Rückendeckung der Politik und den engen Schulterschluss zwischen Bund, DB, Branche und Bauindustrie. Denn diese Mammutaufgabe wird nur gemeinsam gelingen.“

Dr. Richard Lutz, DB-Vorstandsvorsitzender

Parallel zur Gründung der DB InfraGO AG verstärkt der Bund seine Steuerung der Infrastruktur durch den Infraplan. Dieses neue Steuerungsinstrument bündelt Ziele und Strategien für Schienennetz und Bahnhöfe und übersetzt sie in ein konkretes Arbeitsprogramm für die DB InfraGO AG. Der Infraplan wird jährlich überprüft, angepasst und fortgeschrieben, um maximale Transparenz für die Branche und die Öffentlichkeit zu gewährleisten. Die DB InfraGO AG plant zudem, den Netzzustandsbericht jährlich zu veröffentlichen, um den Zustand der Infrastruktur transparent zu machen.

Kritik von mofair e. V.

Trotz der pompösen Präsentation der DB InfraGO AG im Futurium in Berlin, gibt es in der Branche geteilte Meinungen über die vermeintlich „gemeinwohlorientierte“ Infrastrukturgesellschaft. Insbesondere mofair-Präsident Becker-Rethmann äußert ernsthafte Bedenken. Er betont, dass das neue „InFrago“-Firmenschild kein Grund zum Feiern sei und die Behauptung, der Start markiere einen „großen Meilenstein der Bahngeschichte“, geradezu abwegig sei. Kritiker bemängeln, dass bisherige Denkverbote bezüglich finanzieller und personeller Entflechtung innerhalb des DB-Konzerns sowie zur Steuerung und Finanzierung der Schieneninfrastruktur nicht ausreichend angegangen wurden. Becker-Rethmann warnt vor steigenden Problemen in den kommenden Monaten und Jahren und hebt hervor, dass keine Hochglanzkommunikation darüber hinwegtäuschen könne.

Die Einigkeit in der Branche, dass die neue Gesellschaft möglicherweise keine Verbesserungen bringen wird, lässt Zweifel an den erklärten Zielen aufkommen. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode die notwendige Kraft aufbringen wird, weitere Schritte zur Reform der Bahninfrastruktur zu unternehmen.

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