DB Regio: Mit einer klaren Vision für die Zukunft der Mobilität. In unserem exklusiven Interview mit DB Regio Vorständin Evelyn Palla tauchen wir tief in die Themen Fahrzeugbeschaffung, Deutschlandticket und die zukünftigen Pläne des Unternehmens ein.
Welche Vision hat DB Regio und wie arbeiten Sie daran, neue Dienstleistungen und Angebote für Kunden umzusetzen, um neue Kund:innen zu gewinnen?
Dazu möchte ich Sie gerne auf eine Gedankenreise in das Jahr 2030 mitnehmen: Ich sehe vor meinem inneren Auge, wie mich ein klimaneutraler On-Demand-Shuttle, den ich ganz einfach per App bestellt habe, vom Regionalbahnhof abholt und direkt vor meine Haustür bringt. Ich komme entspannt zu Hause an, weil ich im Zug schon meine Arbeit erledigen konnte und ich deshalb mehr Zeit für meine Familie habe. Und ich spüre Freude darüber, dass ich in meiner persönlichen Mobilität ohne Auto auf Zuverlässigkeit und Komfort nicht verzichten muss und darüber hinaus einen Beitrag für das Klima leisten konnte.
Diese Vision wollen wir bei DB Regio Wirklichkeit werden lassen! Wir wollen integrierte Alltagsmobilität anbieten – also für unsere Kundinnen und Kunden passgenaue Tür-zu-Tür-Angebote schneidern und damit eine echte Alternative zum privaten Pkw bieten.
Wir sind in Deutschland der größte Anbieter im Schienenpersonennahverkehr und wir sind der größte Busbetreiber. Zukünftig wollen wir zudem auch bedarfsorientierte On-Demand-Verkehre auf den Weg bringen. Das alles und vieles mehr wollen wir in Form von Tür-zu-Tür-Angeboten nahtlos miteinander verknüpfen. Allein im vergangenen Jahr nutzten in Deutschland zehn Milliarden Reisende den öffentlichen Nahverkehr – zwei Milliarden in Bussen und Bahnen der Deutschen Bahn. Wir haben da eine große Verantwortung für die Menschen und wollen diese auch wahrnehmen.
Thema Deutschlandticket: Wie sieht Ihre bisherige Bilanz aus, was läuft gut und wo liegen die Herausforderungen?
Kurz zusammengefasst: Das Deutschland-Ticket ist gekommen, um zu bleiben! Wir sind sehr froh über dieses Ticket und es ist jetzt schon ein großer Erfolg. Es ist einfach, kostengünstig, ökologisch sinnvoll und vor allem auch digital. Das ist die neue Mobilität im öffentlichen Nahverkehr! Schon nach dem ersten Monat sind 20 Prozent mehr Menschen mit unseren Zügen gefahren. Und nicht nur das: Sie haben auch deutlich längere Strecken im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt. Der Ausflugsverkehr an den Wochenenden hat besonders deutlich zugenommen, zum Beispiel von Berlin an die Ostsee, von Hamburg nach Kiel oder auch in Bayern in Richtung Alpen.
Die Menschen wollen das Ticket und deshalb brauchen wir über kurz oder lang auch mehr Angebot. Hier spielen die Bundesländer eine entscheidende Rolle. Wir schauen jetzt, wo wirklich Bedarf zur Nachsteuerung des Angebots besteht, um dann gemeinsam mit den Ländern zu reagieren.
Gerade der ländliche Raum ist für den Öffentlichen Verkehr immer etwas schwierig abzudecken: Wie versucht die DB hier für die Menschen in Deutschland trotzdem ein möglichst flächendeckendes Angebot zu schaffen? Wo liegen aktuell die Prioritäten für Investitionen in den kommenden Jahren?
Ich habe es eingangs erwähnt: Wir müssen Alltagsmobilität neu denken. Unsere Kundinnen und Kunden wollen ja nicht von Bahnhof zu Bahnhof fahren, sondern von Tür zu Tür, also ganz konkret von zu Hause zum Einkaufen oder von der Arbeit ins Kino und dann nach Hause. Genau da müssen wir ansetzen, wenn wir Mobilitätskonzepte machen. Und das vor allem im ländlichen Raum, wo wir heute noch viel zu wenig Angebot im ÖPNV haben.
Sind denn große Busse, die nach einem starren Fahrplan fahren und oft wenig ausgelastet sind, wirklich noch überall zeitgemäß? Oder sind nicht eher kleine Shuttles, die die Menschen bedarfsorientiert vor der Haustür abholen und dann zu einem Bahnhof bringen, eine bessere Lösung? Und das noch CO2-neutral? Ideal aufeinander abgestimmt? Die Technologien, über die wir heute verfügen, geben da ganz neue Konzepte her. Ich lebe selbst in der Stadt, aber ich bin auf dem Land aufgewachsen. Ich möchte, dass alle Menschen Zugang zur öffentlichen Mobilität haben, egal wo sie wohnen. Und das geht.
Dafür müssen wir flexible Bedarfsverkehre, die die Kunden per App bestellen, weiter ausbauen und alle Verkehrsträger intelligent miteinander verknüpfen und integriert denken. Und wir denken noch weiter: Wir kooperieren mit Herstellern von autonomen Fahrzeugen, um sie z.B. in solchen Bedarfsverkehren einsetzen zu können. Ich glaube fest daran, dass das auch in der öffentlichen Mobilität ein Game-Changer sein wird.
Stichwort Multimodalität: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Anbietern außerhalb des Öffentlichen Verkehrs aus?
Wie gesagt wollen wir alle Verkehrsmittel im ÖPNV so einfach wie möglich miteinander verknüpfen. Das bedeutet nicht nur eine betriebliche Integration, sondern auch eine vertriebliche. Wir brauchen also eine einfache und intuitive digitale Kundenschnittstelle – am besten am Smartphone. Hier soll ein so genanntes intermodales Routing und Ticketing für eine Reise alle verfügbaren Verbindungen mit verschiedenen Verkehrsmitteln kombinieren und anbieten – ob Regionalexpress, Mietfahrrad, Bus, E-Scooter oder On-Demand-Verkehr. Die jeweiligen Tarife und Konditionen sind dann alle in einer App integriert. Kundinnen und Kunden können der Empfehlung für die „schnellste“ oder auch „nachhaltigste“ Verbindung folgen und mit einem Klick alle Verkehrsmittel entlang dieser Reisekette buchen und bezahlen. Eine solche digitale Lösung haben wir kürzlich als Idee auf unserer Messe „Zukunft Nahverkehr“ in Berlin präsentiert.
Bis 2030 investiert DB Regio knapp 12 Milliarden Euro in neue Züge und Busse, innovative Konzepte und Ausstattungen sollen ein wesentlicher Teil sein: Können Sie uns etwas konkreter erzählen, was die Fahrgäste in den nächsten Jahren erwarten können?
Wie wir uns den Nahverkehr der Zukunft vorstellen, haben wir kürzlich auf der bereits angesprochenen Messe „Zukunft Nahverkehr“ gezeigt. Auf diesem Branchenevent, das es in dieser Form und Größe noch nie gab, haben sich mehrere Tausend Besucher angesehen, wie der Nahverkehr von morgen aussehen kann. Dazu gehören innovative Fahrzeugkonzepte, aber auch digitale Innovationen, wie ich sie gerade beschrieben habe. Eine der Voraussetzungen für modernen Nahverkehr sind moderne Fahrzeuge. Dafür planen wir, im Auftrag unserer Partner in den Bundesländern und in den Kommunen – den Aufgabenträgern – bis 2030 rund zwölf Milliarden Euro in die Hand zu nehmen: Elf Milliarden Euro für moderne oder modernisierte Züge und 900 Millionen Euro für Busse. Darüber hinaus brauchen wir innovative Konzepte für diese Fahrzeuge. Wir werden deshalb Elemente aus unseren Ideenzügen in hunderte Züge übernehmen: Flexible Innenräume oder moderne Fahrgastinformation machen die Fahrt noch angenehmer. Auch beim Bus probieren wir solche Innovationen aus. Ich bin überzeugt: Mobilität muss Freude machen, Menschen zusammenbringen. Und diese Idee treibt mich an, jeden Tag.