In Berlin fand von 18. bis 21. September die InnoTrans 2018, die weltgrößte Messe für Eisenbahn und Verkehrstechnik, statt. Tausende Aussteller, von Verkehrsdienstleistern über die Bauindustrie bis hin zur Bahnindustrie stellten ihre Unternehmen und Produktneuheiten vor. Ich war selbst auf der Messe und möchte euch nun einige wichtige Produktneuheiten und Innovationen vorstellen.
Bevor es losgeht, nutze ich hier aber die Gelegenheit, mich ganz herzlich bei allen zu bedanken, die mich auf Social Media oder im Rahmen meiner Crowdfunding-Initiative „Niki goes InnoTrans“ unterstützt haben! Ihr seid die Besten und macht meine Berichterstattung überhaupt erst möglich!
DesiroML Cityjet Eco (Siemens)
Eine ganz besondere Innovation von Siemens und den ÖBB ist der CityjetEco.
Das ist im Wesentlichen ein DesiroML Cityjet, wie man ihn aus dem Regelbetrieb in Österreich kennt. Jedoch ist dieser mit Batterien ausgestattet und kann so auch auf oberleitungsfreien bzw. nicht elektrifizierten Strecken fahren. Damit kann Bahnfahren noch umweltfreundlicher werden und man muss keine Dieseltriebwagen einsetzen.
Außerdem kann man nun auf deutlich mehr Strecken den hohen Cityjet-Komfort bieten.
Die Batterieanlage am Mittelwagen umfasst drei Batteriecontainer und zum Einsatz kommen Lithium-Titanat-Batterien. Das ermöglicht deutlich höhere Ladeströme zur Schnellladung.
Durch ein spezielles thermisches Konzept der Batteriecontainer erwarten die ExpertInnen, dass es keinen Einfluss auf die Lebensdauer und den Ladezustand der Akkus aufgrund äußerer Witterungsverhältnisse geben wird. Die Lebensdauer der Batterien soll ab Serienreife rund 15 Jahre betragen, was zur Folge hätte, dass sie über die Gesamtnutzungsdauer des Zuges nur einmal gewechselt werden müssten. [note] https://presse.oebb.at/de/presseinformationen/20180910–PI–PV–Vorstellung zugegriffen am 18.09.2018 [/note]
Die Reichweite ist im Moment noch schwierig zu beziffern, da diese sehr stark von der Streckenbeschaffenheit abhängt (Steigungen etc.) Man schätzt jedoch, dass man in etwa 50 km Reichweite schaffen kann. Das Fahrzeug soll ab nächstem Frühjahr von dern ÖBB im Bahnbetrieb getestet werden.
Personen von links: Klaus Garstenauer (Leiter Nah- und Regionalverkehr), Niki Schmölz, Ferdi Saykin (Projektleiter)
Das jüngste Mitglied der ÖBB Familie ist der neue Cityjet vom Typ Talent 3.
Das sechsteilige Elektrotriebfahrzeug aus dem Hause Bombardier ist 104,5 Meter lang. Der Zug überzeugt durch seine anspruchsvolle Innenaustattung und den hohen Komfort für Fahrgäste. Niederflureinstiege mit Spaltüberbrückung, bequeme Sitze, Steckdosen, Fahrgastinformationen in Echtzeit, ein Onboard-Portal und viel Platz für Fahrräder, Gepäck und Kinderwagen.
Ganz speziell ist die modulare Bauweise des neuen Cityjets: Teile der Inneneinrichtung können ausgetauscht werden. Im Sommer hat man Platz für viele Fahrradstellplätze und im Winter rüstet man um auf Ski- und Snowboardhalterungen.
Insgesamt bietet der Talent 3 Platz für 304 Fahrgäste und bis zu 53 Fahrräder.
Durch seine innovative technische Ausstattung soll der Cityjet als Mehrsystemzug unterwegs sein und auch grenzüberschreitend eingesetzt werden, zum Beispiel bei Verkehren nach Ungarn, Italien oder in die Schweiz.
Die ÖBB haben aus einem Rahmenvertrag mit bis zu 300 Fahrzeugen nun 25 Stück abgerufen, die ab 2020 unterwegs sein sollen.
Der Zug hat eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h.
Mehr über den Talent 3 und den DesiroML CityjetEco könnt ihr in 2 Wochen hier auf Eisenbahn.Blog lesen „Zukunft Nahverkehr in Österreich“
Im grenzüberschreitenden Bahnverkehr, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr, ist Flexibilität enorm wichtig. Viele technische und bürokratische Hürden stellen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) vor große Herausforderungen.
Der Vectron gilt als europäische Universallokomotive und es können grenzüberschreitende Ein- aber auch Mehrsystemvarianten dargestellt werden. Ein intelligentes Zugsicherungskonzept erlaubt große Flexibilität, da für weitere Länder leicht nachgerüstet werden kann.
Insgesamt wurden 705 Fahrzeuge verkauft, die in 18 Ländern unterwegs sind.
Die ÖBB Vectron Lok hat eine neue Länderkombination und kann somit in 9 Ländern fahren: Deutschland, Österreich, Italien, Kroatien, Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen.
Die ÖBB haben gemeinsam mit Siemens Mobility im Jahr 2017 einen Rahmenvertrag über einen Abruf von 200 Lokomotiven geschlossen. In einer ersten Tranche wurden 30 Multi-Systemlokomotiven bestellt.
Vectron Dual-Mode
Die Vectron Dual-Mode von Siemens vereint die Vorteile einer Diesellok mit denen einer elektrischen Lok. Dadurch hat man ein hohes Maß an Flexibilität. Für den Schienengüterverkehr ein großer Zugewinn, da man mit einem Zug, sprich mit einer Lok, vom nichtelektrifizierten Nebenbahnanschluss über eine elektrifizierte Hochleistungsstrecke bis hin zum oberleitungsfreien Betriebsgelände alles befahren kann.
Die Lok hat ein Gewicht von etwa 90 Tonnen und führt 2.500 Liter Treibstoff mit.
Zum Vergleich, die Hercules Diesellok der ÖBB hat einen Dieseltank für 2.800 Liter.
Oftmals ist es so, dass, wenn ein Güterzug einen Teil seiner Strecke auf einer nichtelektrifizierten Strecke fahren muss, man gleich eine Diesellok – weil es billiger und einfacher zu organisieren ist – für die ganze Strecke verwendet (auch wenn Teile elektrifiziert sind). Der Vectron mit Dual-Mode kann beide Antriebsarten nutzen und spart somit auch Emissionen, denn wer dort elektrisch fährt, wo es möglich ist, spart nachweißlich Stickoxide, Kohlendioxid und Feinstaub.
Quelle: https://www.siemens.com/content/dam/webassetpool/mam/tag-siemens-com/smdb/mobility/rail/rolling-stock/locomotives/vectron/dual-mode/documents/mo-vectron-dual-mode-broschuere-de.pdf zugegriffen am 20.09.2018
Rhein Ruhr Express (RRX) (Siemens)
Der RRX wurde von Siemens gemeinsam mit Partnern wie der Deutschen Bahn, Abellio und dem deutschen Verkehrsministerium entwickelt.
Der RRX wird auf 7 Linien im Rhein-Ruhr-Gebiet unterwegs sein, die ersten Fahrzeuge schon ab dem Fahrplanwechsel im Dezember.
Auch im Nahverkehr steht Effizienz im Mittelpunkt: Wirkungsgrad-optimierter Trafo, Leichtbauweise, aerodynamische Optimierung und Fahrerassistenzsysteme sowie eine 100 % regenerative Betriebsbremse.
Auf Komfort und Kundenbedürfnisse wurde ebenfalls eingegangen: Barrierefreiheit, Fahrradmitnahme, Klimatisierung, Informationssysteme und WLAN sollen die Fahrt so angenehm wie möglich machen. Zudem sind neue Fenster verbaut, die einen 500-mal besseren Mobilfunkempfang gewährleisten.
Mit einstöckigen Endwagen und doppelstöckigen Mittelwagen bietet eine Garnitur Platz für 400 Fahrgäste. Die Züge werden großteils in Doppeltraktion fahren und somit zu verkehrsstarken Zeiten Platz für 800 Personen bieten.
Es ist wichtig, dass man den Nah- und Regionalverkehr nicht vernachlässigt, der gerade in Städten und Stadtregionen so essentiell ist. Durch Effizienz und Kundenfreundlichkeit werden definitiv neue Maßstäbe gesetzt und ich freue mich schon auf die ersten Erfahrungen aus dem Regelbetrieb.
Mit Hochgeschwindigkeit in die Zukunft will Siemens mit ihrem neuen Zug Velaro Novo, dem neuen Hochgeschwindigkeitszug, der im weltweiten Einsatz neue Maßstäbe in Sachen Effizienz, Nachhaltigkeit und Fahrgastkomfort setzen soll. Sabrina Soussan, CEO von Siemens Mobility, sagt dazu: „Der Velaro Novo ist unsere Antwort auf globale Anforderungen im Hochgeschwindigkeitsverkehr.“
Vor allem Effizienz wird im neuen Velaro-Modell großgeschrieben: Bis zu 30 % weniger Energieverbrauch, da aufgrund von Leichtbauweise das Gewicht um 15 % reduziert werden konnte aber der Zug gleichzeitig Platz für 10 % mehr Fahrgäste als sein Vorgänger bietet.
Für einen zukunftsfähigen Bahnverkehr auf jeden Fall sehr wichtige Eigenschaften.
Das neue Flaggschiff lässt sich aber auch gut an die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Ohne vorgegebene feste Einbauten kann der Kunde den Innenraum frei gestalten und je nach Wunsch Modelle mit Geschwindigkeiten von 250 – 360 km/h ordern.
Ich konnte auf der InnoTrans den Technical Manager des Velaro Novo, Rene Trosiner, interviewen:
https://www.youtube.com/watch?v=t5dvZ76xYrw
Mehr über den Velaro Novo könnt ihr hier lesen: Velaro Novo – schneller geht’s kaum
Auf der größten Messe für Eisenbahn und Verkehrstechnik muss natürlich auch der größte Schienenfahrzeughersteller vertreten sein. Der chinesische Großkonzern CRRC Corporation Limited, einer der größten Industriekonzerne der Welt. Zum Konzern gehören über 40 Unternehmen und mehr als 180.000 Mitarbeiter.
In Europa ist das Unternehmen, das seinen Hauptsitz in Peking hat, nur wenig bekannt, aber als einziger relevanter Anbieter profitiert man stark vom wachsenden Bahnnetz im asiatischen Raum, speziell eben in China.
Kürzlich hat auch die Deutsche Bahn 4 Hybrid-Rangierloks bestellt, mit einer Möglichkeit auf den Abruf von 16 weiteren Fahrzeugen.
Ab 2021 sollen die Rangierloks mit kombiniertem Diesel- und Elektroantrieb auf deutschen Schienen unterwegs sein.
S-Bahn Berlin (Stadler/Siemens)
Auch die neue S-Bahn für Berlin, die ab 2021 durch die deutsche Hauptstadt rollen soll, wurde von Stadler und Siemens vorgestellt. 106 Züge umfasst der Auftrag der Berliner S-Bahn GmbH.
Auf der InnoTrans wurde der erste produzierte Halbzug präsentiert.
Der vierteilige Halbzug ist durchgängig begehbar, somit wird der Platz optimal genutzt. Auf 73,6 Metern hat man Platz für 184 Sitzplätze.
Außerdem ist es der erste S-Bahn Zug für Berlin, der mit einer Klimaanlage ausgestattet ist. Zudem bieten moderne Flachbildschirme mit guter Auflösung den Fahrgästen Auskunft über den Streckenverlauf.
Diese Züge werden in einem Konsortium von Stadler und Siemens gebaut. Konsortialführer Stadler ist für Design, Entwicklung und Fahrzeugproduktion verantwortlich. Die Kernaufgaben von Siemens sind Antriebs- und Bremssysteme sowie die Elektrik.
2016 hat Stadler eine Ausschreibung in England gewonnen und liefert 14 dreiteilige und 24 vierteilige bi-modale FLIRT, sowie 20 zwölfteilige elektrische FLIRT nach England. Die hochmodernen Züge ersetzen Regional- und InterCity Züge in Greater Anglia – man will in Ostanglien damit 20 % mehr Sitzplätze bieten.
Die Züge von Stadler bieten hohen Komfort, ein modernes Niederflurfahrzeug ausgestattet mit WLAN, Steckdosen, Radstellplätzen und Klimaanlage. Die Züge können vom konventionellen elektrischen Antrieb auf dieselelektrischen Antrieb umschalten – hier wird mit einem Dieselmotor Strom produziert, mit dem der Zug betrieben wird.
Auch der Traverso der Schweizerischen Südostbahn (SOB) wurde vorgestellt, ebenfalls ein FLIRT der Firma Stadler.
Der Traverso weist die klassischen Merkmale der FLIRT-Familie auf: eine großzügige Innenraumgestaltung und barrierefreie Einstiege. Der Aluminiumwagenkasten sorgt für wenig Energieverbrauch uns senkt so die Energiekosten, die Fahrwerktechnik sorgt für einen verschleißarmen Betrieb auf kurvenreichen Strecken.
Die achtteiligen Garnituren verfügen über 359 Sitzplätze, davon 68 in der 1.Klasse, in den vierteiligen Garnuturen hat man 197 Sitzplätze, 22 davon in der 1.Klasse, zur Verfügung.
Auch diese Züge werden mit Geschwindigkeiten von bis zu 160 km/h unterwegs sein.
Ach ja, und für alle die schon immer mal wissen wollten, wofür FLIRT steht: Flinker Leichter Intercity-Regional-Triebzug
Coradia Stream ist ein hochmoderner Niederflurzug, der speziell für den europäischen Markt produziert wurde. Der modulare Aufbau des innovativen Fahrzeuges ermöglicht vielseitige Einsatzmöglichleiten. Der Kunde kann durch die Konfiguration und durch die Auswahl der Ausstattung den Zug auf seine Bedürfnisse bestmöglich abstimmen. Coradia Stream kann man sowohl im Regional- bzw. Nahverkehr (Vmax 160 km/h) einsetzen aber auch in einer InterCity Konfiguration im Fernverkehr (Vmax 200 km/h).
Alstom verspricht durch das Design und eine Aluminiumkonstruktion geringes Gewicht und hohe Energieeffizienz.
Auf der Messe wurde ein Coradia Stream von Trenitalia präsentiert, der sogenannte Pop Zug. Dieser Elektrotriebzug bietet in seiner vierteiligen Version Platz für 300 Passagiere und in seiner dreiteiligen Version für 200 Passagiere.
Digitalisierung bietet in der Mobilität und vor allem auch dem Verkehrsträger Schiene große Chancen, um Potenziale voll zu nutzen und die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit zu steigern. Siemens Mobility hat mit dem Railiagent ein Asset Management Programm kreiert, dass es ermöglicht Daten von Infrastruktur und Fahrzeug zu generieren und zu verstehen.
Energieverbrauch, Weichen, Gleise, Verschleißteile am Fahrzeug, Auslastung, Stehzeiten und vieles mehr wird überwacht, dokumentiert und strukturiert. Man kann Störungen frühzeitig erkennen und beheben, bevor sie zum Problem werden. Man kann aus Fehlern oder Problemen schnell lernen, da fundierte Aufzeichnungen eine schnelle und umfassende Analyse zulassen.
So lassen sich nicht nur die Lauffähigkeit von Fahrzeugen und die Pünktlichkeit der Bahn verbessern, sondern auch massiv Kosten senken. Siemens spricht von bis zu 10-15 % weniger Instandhaltungskosten und einem deutlich geringerem Energieverbrauch, dies soll EVUs entlasten. Durch optimale Instandhaltung und Betriebsplanung will man 100 % Verfügbarkeit von Infrastruktur und Fahrzeug erzielen.
Siemens organisiert für Railiagent ein offenes und digitales Ökosystem, wo man Fremdapplikationen integriert. Dadurch kann man vom Kugellager bis hin zur Weiche alles optimal überwachen.
Derzeit umfasst das „Ökosystem“ elf Mitglieder: DMA, Frauscher, igus, KONUX, NEM Solutions, Perpetuum, SKF, Strukton, voestalpine Signaling, Voith und Wi-Tronix
Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine ist seit jeher im Bahngeschäft als weltweiter Lieferant für Schienen und Weichen tätig.
Jetzt möchte man das Bahngeschäft noch weiter ausbauen. Dazu bündelt man alle bahnnahen Teilbereiche des Konzerns unter „Railway Systems“.
Im Bereich Bahninfrastruktur beschäftig die Voestalpine 7000 Mitarbeiter an 70 Standorten weltweit.
Die Voest liefert ultralange Schienen (120 Meter) und Spezialweichen für Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 380 km/h, die mit über 40 Sensoren bestückt sind. [note] Vgl.: https://www.wienerborse.at/news/apa-news-detail/?id=736829784 zugegriffen am 19.09.18 [/note]
Aufgrund der Urbanisierung und des Aufwärtstrends der Bahn, möchte man hier weiter expandieren und die nächsten Schritte in Richtung Digitalisierung gehen. Durch moderne Software- und Sensortechnik will man Störungen und Gefahren frühzeitig erkennen und einen zuverlässigen und sicheren Bahnverkehr garantieren.
Man erwartet bei Railway Systems 3 % Wachstum pro Jahr. [note] Vgl.: https://www.wienerborse.at/news/apa-news-detail/?id=736829784 zugegriffen am 19.09.18 [/note]