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Lilian Meyer
Geschäftsführerin | Alstom Österreich
Lilian Meyer ist seit acht Monaten Geschäftsführerin von Alstom Österreich und zieht im Gespräch mit Eisenbahn.Blog eine äußerst positive Bilanz ihrer bisherigen Tätigkeit.
Im Interview spricht Meyer unter anderem über die zentralen Herausforderungen und Chancen der österreichischen Bahnindustrie, den erfolgreichen Aufbau eines diversen Teams und über Investitionen in die Zukunft.
Eisenbahn.Blog: Sie sind nun etwa acht Monate Geschäftsführerin von Alstom Österreich. Wie lautet Ihre persönliche Bilanz?
Lilian Meyer: Ich kann eine sehr positive Bilanz als Geschäftsführerin von Alstom Österreich ziehen und hatte in meinen ersten Monaten viele großartige Erlebnisse. Alstom, und speziell das Team in Österreich, haben mich hervorragend empfangen, was es mir leicht gemacht hat, die neue Aufgabe zu übernehmen und den Konzern kennenzulernen. Die Eröffnung unserer Rohbaukathedrale am Wiener Standort und viele sehr gute Gespräche mit Kunden waren sicherlich Highlights der letzten Monate.
Großartig für mich als Geschäftsführerin ist auch, dass wir direkt in Wien für Wien und die Welt produzieren. Ich sehe jeden Tag, wie unsere Projekte entstehen und weiterentwickelt werden, und bin stolz auf unsere Innovationen und hochwertigen Produkte hier am Standort.
Eisenbahn.Blog: Wo sehen Sie aktuell die zentralen Herausforderungen für Ihr Unternehmen und die österreichische Bahnindustrie allgemein?
Lilian Meyer: Die exportierende Industrie in Österreich hat in den letzten Jahren vor allem mit den steigenden Lohnkosten zu kämpfen, die stärker gestiegen sind als in anderen Ländern. Ein Vorteil am Standort Österreich ist jedoch das gute Bildungssystem, da wir in der Fahrzeugentwicklung und -fertigung gut ausgebildete Mitarbeiter:innen benötigen. Das Lehrlingssystem bietet uns einen klaren Vorteil gegenüber anderen Ländern, da wir auf sehr gut ausgebildete Fachkräfte zurückgreifen können. Österreich ist ein wichtiges Bahnland und Spitzenreiter bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung.
Ich sehe Herausforderungen, aber auch Chancen, uns durch Innovationskraft und Weiterentwicklung weiterhin am internationalen Markt zu behaupten. Unsere Produkte sind nicht nur von Lohnkosten getrieben, sondern vor allem durch Innovation. Hier bei Alstom Österreich haben wir fast 300 Ingenieur:innen, die laufend an der Weiterentwicklung unsere Produkte arbeiten. Zum Beispiel bieten unsere neuen Generationen von Straßenbahnen höhere Fahrgastkapazität, sind mittels Ökodesign konzipiert und bestehen aus immer mehr recycelten oder wiederverwertbaren Materialien, um den CO2-Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus zu reduzieren.
Eisenbahn.Blog: Ist der Fachkräftemangel aktuell ein großes Thema für Ihr Unternehmen?
Lilian Meyer: Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir aktuell kaum offene Stellen bei Alstom Österreich haben. Wir konnten immer sehr gut qualifizierte Mitarbeiter:innen finden, die gerne bei uns arbeiten. Unsere letzte Mitarbeitendenumfrage hat gezeigt, dass wir eine sehr hohe Identifikation mit dem Unternehmen haben und unsere Mitarbeiter:innen gerne bei Alstom arbeiten. Es ist auch etwas Besonderes, wenn man in Wien mit der Straßenbahn fahren kann, die man selbst oder die eigene Familie gefertigt hat.
Positiv hervorzuheben ist auch die Rot-Weiß-Rot-Karte der österreichischen Bundesregierung, die es ermöglicht, für spezialisierte Bereiche außerhalb des europäischen Raumes nach Fachkräften zu suchen. Insgesamt ist unser Team in Österreich sehr international aufgestellt, mit 36 vertretenen Nationen.
Eisenbahn.Blog: Wie konnte Alstom Österreich ein so diverses Team aufbauen?
Lilian Meyer: Ein großer Vorteil ist die hohe Internationalität im Konzern, wodurch Mitarbeiter:innen zwischen Standorten wechseln oder auch langfristig ins Ausland gehen können. Wien bietet als internationale Metropole zudem ein großes Potenzial. Durch die Diversitätskultur von Alstom merken die Menschen außerdem sehr schnell, dass sie bei uns mit offenen Armen empfangen werden.
Frauenförderung ist mir darüber hinaus persönlich ein großes Anliegen. Hier gibt es noch großen Aufholbedarf in der Bahnindustrie. Deswegen freut es mich besonders, dass wir die Anzahl an weiblichen Führungskräften bei Alstom Österreich steigern konnten. Durch Rolemodels bekommen wir immer mehr Schwung und können mehr Frauen für die Bahnindustrie begeistern.
Eisenbahn.Blog: Wie stehen Sie zum Thema Homeoffice?
Lilian Meyer: Homeoffice ist eine Frage der Führungskultur, unabhängig davon, ob ein(e) Mitarbeiter:in nebenan oder zu Hause sitzt. Es muss ein wechselseitiges Vertrauen herrschen und die Performance muss passen. Wir setzen auf eine Balance, weil wir die Zeit und den Austausch im Büro schätzen und wissen, dass es uns in der Produktivität hilft. Aber natürlich bieten wir auch eine interessante Homeoffice-Regelung an.
Eisenbahn.Blog: Am Alstom-Standort Wien wird kontinuierlich investiert, kürzlich in eine neue Schweißkathedrale. Welche Investitionen bzw. Weiterentwicklungen sind in nächster Zukunft zu erwarten?
Lilian Meyer: Wir investieren laufend, um die Abläufe weiter zu optimieren. Nach der Eröffnung der Rohbaukathedrale in der Schweißhalle letztes Jahr haben wir ein großes Digitalisierungsprojekt in der Fertigung umgesetzt, bei dem wir von Papier auf Tablets umgestellt haben. Dadurch verbessern wir die Dokumentation und die Unterstützung für die Mitarbeiter:innen deutlich. Unser Ziel ist es, durch solche Optimierungen innerhalb unserer bestehenden Flächen weiter zu wachsen und die Kapazitäten zu steigern.
Eisenbahn.Blog: Können Sie einen kurzen Überblick geben, welche Fahrzeuge für welche Länder und Betreiber von Alstom in Wien gefertigt werden?
Lilian Meyer: Wir sind auf Straßenbahnen spezialisiert und bedienen derzeit auch stark unsere lokalen Märkte mit den Wiener Lokalbahnen, den Wiener Linien und der Graz Holding. Im letzten Jahr haben wir beispielsweise 30 Straßenbahnen an die Wiener Linien geliefert und die Stadt Wien und die Wiener Linien haben aufgrund der hohen Zufriedenheit mit dem Fahrzeug 27 weitere Flexity Straßenbahnen bei uns bestellt.
Darüber hinaus produzieren wir für Zürich und Brüssel und entwickeln eine Straßenbahn für Melbourne, die von Alstom in Australien produziert wird um unnötige Transportwege zu vermeiden.
Neben der Produktion sind wir auch Servicestandort und übernehmen mit unserem Produkt FlexCare die Verantwortung für die Servicierung unserer ausgelieferten Fahrzeuge. Selbstverständlich bieten wir unseren Kund:innen in Österreich das gesamte Produktportfolio von Alstom rund um die Schiene an.
Flexity Straßenbahn der Wiener Linien
Eisenbahn.Blog: Kam es in den vergangenen Monaten bzw. Jahren zu Verzögerungen bei der Auslieferung von Fahrzeugen aufgrund von Lieferkettenproblemen?
Lilian Meyer: Wir haben uns sehr gut stabilisiert und sind stolz, dass wir letztes Jahr beispielsweise 30 Fahrzeuge für die Wiener Linien produzieren konnten. Wie die gesamte Branche sind auch wir von diesen Themen betroffen. Unsere Supply Chain Teams und unsere Zulieferer arbeiten jedoch gemeinsam daran, diese zu überwinden und unsere Lieferverpflichtungen einzuhalten Generell ist uns lokale Wertschöpfung sehr wichtig, denn es bedeutet kurze Wege – sowohl im Transport als auch in der Abstimmung während der Projektentstehung. Es freut mich darum sehr, dass von rund 4000 Lieferanten 95% in Europa, davon 80% in der DACH-Region und davon wiederum ein großer Teil in Österreich sind. Das ist einer der Beiträge von Alstom Österreich zu Nachhaltigkeit und lokaler Wertschöpfung.
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