Wirtschaftsfaktor Bahn

Feb 11, 2018 | Innovation, Personenverkehr

Der Verkehrsträger Schiene weist in wirtschaftlicher Hinsicht vielseitige Qualitäten auf. Die Eisenbahn als wesentlicher Teil der heutigen Infrastruktur schafft nicht nur Mobilität, sondern auch Wertschöpfung und den damit einhergehenden Wohlstand.
Der ehemalige ÖBB-Chef Christian Kern hat 2013 in einer Pressekonferenz gesagt:
„Der Verkehrsträger Bahn ist ein stabiler und starker Motor für Wirtschaftswachstum in Österreich. Ohne Investitionen in die Bahn hätten wir im Jahr 2012 eine stagnierende Wirtschaftsentwicklung in Österreich erleben müssen.“[note]  http://www.bahnindustrie.at/b38m306/system-bahn-leistung-auf-schiene—standort-und-gesellschaft-in-bewegung-oesterreichs-bahnindustrie-als-hidden-champion zugegriffen am 6.02.2018 [/note]

Bahn als Tourismusmotor und Transportmittel
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Eine gut ausgebaute Eisenbahninfrastruktur ist für einen Wirtschaftsstandort enorm wichtig, da der schnelle Transport von großen Mengen an Waren und Rohstoffen für eine effiziente und arbeitsteilige Wirtschaft von großer Bedeutung ist. Dieser Aufgabe ist eigentlich nur die Bahn gewachsen. Die voestalpine Stahl in Linz, zum Beispiel, bekommt ihren gesamten Bedarf an Rohstoffen für die Stahlerzeugung (Eisenerz, Kohle, Kalk, Stahlschrott) mit dem Zug angeliefert. BMW, auf der anderen Seite, exportiert Autoteile bzw. Autos mit dem Zug von Deutschland bis nach China.
Der Personenverkehr spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Vor allem auch für Tourismusregionen, welche von einer guten und schnellen Erreichbarkeit abhängig sind. Speziell in Tirol reisen, sowohl im Sommer als auch im Winter, immer mehr Menschen mit der Bahn an. Zurzeit liegt der Anteil der Touristen, die mit dem Zug nach Tirol kommen, noch bei 5 %. Durch die Kooperation zwischen SBB, ÖBB, DB und Tirol Werbung spricht man für das Jahr 2020 schon von 10 %. Für den Fremdenverkehr der Zukunft wird die Bahn eine zentrale Rolle spielen. Nicht nur, weil einfach immer weniger junge Leute den Führerschein machen, sondern auch der Anteil der Menschen, die Wert auf einen möglichst umweltfreundlichen Urlaub legen, laut einer deutschen Umfrage bei 40 % liegt. [note]  Vgl.: http://www.tirolwerbung.at/tiroler-tourismus/mobilitaet-und-tourismus/tirol-auf-schiene/ zugegriffen, am 6.02.2017 [/note]
Der Personenverkehr auf der Schiene schafft auch Mobilität für Arbeitnehmer, sprich Pendler. Dies vergrößert das Arbeitskräfteangebot für Unternehmen und erhöht die Chancen auf Erwerb für Leute außerhalb der  Ballungszentren. Das wiederum trägt zur gesamtwirtschaftlichen Leistung bei. Ein gutes Eisenbahnnetz wird also bei der Standortsuche für ein Unternehmen definitiv einen Vorteil darstellen. Somit ist die Bahn ein Teil eines funktionierenden und wachsenden Industriestandortes.
Doch hinter dem Wirtschaftsfaktor Bahn steckt noch viel mehr!

Die Bahn als Arbeitgeber und Ausbilder
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Zunächst einmal schafft die Eisenbahn, eigentlich die Bahnkonzerne, sehr viele Arbeitsplätze und gehört oft zu den größten Arbeitgebern im Land. In Österreich (ÖBB) beispielsweise mit 42.000 Mitarbeitern, in der Schweiz (SBB) mit 33.000 Mitarbeitern, oder in Deutschland (DB) mit 195.000 Mitarbeitern. Aber nicht nur die großen Bahnkonzerne, sondern auch viele kleinere Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVUs) schaffen tausende Arbeitsplätze. In Österreich gibt es über 40 EVUs, zum Beispiel die Westbahn, die Wiener Lokalbahn oder die Graz-Köflacher Bahn.
In einer Volkswirtschaft kommt es auf jeden geschaffenen Arbeitsplatz an. Schließlich ist eine hohe Beschäftigungszahl die Grundvoraussetzung für Wohlstand und sozialen Frieden.

Zudem sind diese Unternehmen auch Ausbilder. Alleine die ÖBB bietet in ihren 11 Lehrwerkstätten zurzeit 22 verschiedene Lehrberufe an und kommt somit auf die stolze Zahl von 1.700 Lehrlingen (4 % der ÖBB-Beschäftigten) in Österreich. Die ÖBB sind somit in Österreich die Nummer 1 bei technischen Ausbildungen. [note] Vgl.: http://konzern.oebb.at/file_source/corporate/presse-site/Downloads/Publikationen/OEBBinZahlen_2016_de.pdf [/note]
Ein so großes Unternehmen, welches vielen jungen Leuten eine Ausbildung, eine Beschäftigung und somit eine Perspektive bietet, ist enorm wertvoll für eine funktionierende Volkswirtschaft.

Ökonomischer Fußabdruck der Bahn in Österreich

Wenn wir nicht nur die Staatsbahnen, sondern das gesamte „System Bahn“ (Staatsbahn, Privatbahnen, Bahnindustrie) betrachten, können wir sehen, welche Wirtschaftsleistung uns die Eisenbahn wirklich bringt.
Ich möchte hierzu Österreich als Beispiel heranziehen und daran den ökonomischen Fußabdruck eines Bahnsystems darstellen.

Im Jahr 2011 erwirtschafteten 54.000 Personen im österreichischen System Bahn insgesamt einen Umsatz von 8,4 Mrd. Euro und dabei eine Wertsc 1,4 % des österreichischen BIP 2011 entfielen somit auf das System Bahn. [note] Vgl.: https://konzern.oebb.at/file_source/corporate/presse-site/Downloads/Publikationen/20130114_IV_Studie_Printprodukt_final.pdf [/note]
wirtschaftsfaktor_bahnWeiters bilden Investitionen der Bahnkonzerne bzw. solche in die Bahn einen wesentlichen Antrieb für die österreichische Wirtschaft. Wenn wir uns ansehen, wie viele Menschen auf Großbaustellen, wie dem Semmeringtunnel, dem Hauptbahnhof Wien oder der ÖBB Konzernzentrale arbeiten bzw. gearbeitet haben, kann man schon erkennen, dass hier ebenfalls ein wertvoller Beitrag geleistet wird.
Zwischen 2014 und 2019 schaffen die Bahninvestitionen zirka 169.000 Arbeitsplätze. Davon sind jährlich 24.000 Vollzeit-Arbeitsplätze in der heimischen Bauindustrie. Es kommt in diesem Zeitraum auch zu 11,3 Mrd. Euro direkter und indirekter Wertschöpfung in Österreich. [note] Vgl.: https://konzern.oebb.at/file_source/corporate/presse-site/Downloads/Publikationen/OEBB_in_Zahlen_2016.pdf [/note]
Die von 2012 bis 2020 jährlich geplanten/getätigten Investitionen der ÖBB im gesamten Bausektor entsprechen der Hälfte der gesamten jährlichen Wertschöpfung im Sektor Hochbau.

Werfen wir nun einen Blick auf die Bahnindustrie, welche natürlich auch ihren Beitrag zum System Bahn leistet. Zur österreichischen Bahnindustrie zählen bekannte Unternehmen wie Siemens AG Österreich Infrastructure & Cities CEE, Alstom Austria GmbH, Liebherr Transportation Systems GmbH & Co KG, oder Kapsch CarrierCom AG. Insgesamt stellen über 20 Unternehmen ein breites Spektrum an Dingen, angefangen von Triebfahrzeugen, über Waggons bis hin zu bahnrelevanten Ausrüstungsgütern her. Im Jahr 2011 konnten diese Unternehmen 2,6 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaften und erzielten so eine Wertschöpfung von 900 Mio. Euro. Zudem waren wir 2011 mit 70,8 % Exportanteil und einem Weltmarktanteil von 6,5 % in den Top 5 weltweit beim  Export von Schienenfahrzeugen und bahnbezogener Ausrüstung. Von den Inlandsaufträgen entfielen übrigens 16,3 % auf die ÖBB und 12,9 % auf Privatbahnen.
Mit diesem Exportanteil und weit über 1000 angemeldeten Patenten innerhalb von 10 Jahren macht der Industriestandort Österreich seinem Namen am Bahntechniksektor alle Ehre. [note] Vgl.: https://konzern.oebb.at/file_source/corporate/presse-site/Downloads/Publikationen/20130114_IV_Studie_Printprodukt_final.pdf [/note]

Die Bahn als langer Begleiter industriellen Fortschritts

Der Verkehrsträger Schiene trägt direkt und indirekt viel zur Wirtschaftsleistung Österreichs bei und hat großen Wert für das Land bzw. die gesamte Volkswirtschaft. Die „Bahnrenaissance“ der letzten Jahre ließ die Investitionsvolumina und Beschäftigungszahlen ansteigen und dieser Trend scheint sich auch zukünftig fortzusetzen.
Die Eisenbahn brachte der Industriellen Revolution immens große Entwicklungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Wirtschaft. Über 180 Jahre später, in Zeiten von Industrie 4.0, leistet der Verkehrsträger Schiene nach wie vor einen wesentlichen Beitrag und ist aus dem modernen Leben nicht wegzudenken.

Meiner Meinung nach – und angesichts der oben angeführten Zahlen – stellt die Bahn einen sehr wichtigen Partner für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dar und dies vermutlich auch noch für lange Zeit. Die Eisenbahn ist ein unglaublicher Wirtschaftsmotor. Deshalb investieren die EU und die einzelnen Staaten vermehrt in diesen Verkehrsträger, da dieser eine sehr gute Basis für Beschäftigung und Wohlstand bietet.

 

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