Bahnkonkurrent Fernbus – der Weg zum Boom

Mai 13, 2018 | Personenverkehr

Seit einigen Jahren boomen in Europa die Fernbusreisen. Die Schiene bekommt  immer mehr Konkurrenz von der Straße. Doch wie kam es soweit und was sind die Vor- und Nachteile des Fernbusses?


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Wie alles begann und wer sich versuchte

Obwohl in Europa, zum Beispiel in England, seit vielen Jahren Fernbusse unterwegs sind, kam es vor einigen Jahren zu einem regelrechten Boom.
Die Erfolgsgeschichte der Autobahngiganten begann 2013 in Deutschland. Damals gab die deutsche Bundesregierung den Fernbusmarkt frei, welcher lange Zeit zum Schutz der Staatsbahn stark eingeschränkt war. [note] Vgl.:http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/city2city-erster-grosser-fernbusanbieter-gibt-auf-13156518.html, Zugegriffen, am 15.03.2015 [/note]
Zwei Gruppen von jungen Visionären nutzten die Gunst der Stunde, um mit ihren Startups Mein Fernbus und FlixBus eine preisgünstige Alternative zur Bahn zu schaffen.
Das System der beiden Unternehmen war ähnlich und sehr einfach. Sie schufen Marken unter denen zahlreiche Busunternehmen arbeiteten, während FlixBus sowie Mein Fernbus sich nur um Marketing und den Kartenverkauf im Internet kümmern mussten. Diese Unternehmen besaßen also keine eigenen Busse.
Auf der Homepage von FlixBus heißt es wortwörtlich:

„FlixBus bietet neben einer etablierten Dachmarke und Europas produktivstem Fernbusliniennetz das notwendige Knowhow, eine leistungsstarke Marketing- und Vertriebsplattform sowie ein innovatives Ticketing-System.“  [note] https://www.flixbus.de/unternehmen/partner/buspartner?_ga=1.193844973.1372610369.1489605297, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]

Das günstige Angebot wurde von den Leuten gut angenommen und somit konnten die beiden Startups wachsen und ihren Bekanntheitsgrad steigern.
Zur typischen Zielgruppe der Fernbusse zählen vor allem Schüler und Studenten, deren Reisebudget begrenzt ist, und Pensionisten, denen es nicht auf jede Reiseminute ankommt.
Diese Chance haben natürlich auch andere erkannt und versucht, den beiden Konkurrenz zu machen. Zum Beispiel der englische Fernbusriese National Express, der mit dem Tochterunternehmen City2City in Deutschland Marktführer werden wollte. Hieraus wurde jedoch nichts und das Unternehmen verkündete im Herbst 2014, dass es den Betrieb aufgrund mangelnder Rentabilität und zu geringen Chancen auf Wachstum einstellen würde. [note] Vgl.:http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/city2city-erster-grosser-fernbusanbieter-gibt-auf-13156518.html, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]
Zwei andere deutsche Markenriesen wollten auch durchstarten, nämlich Postbus und der ADAC. 2013 wurde der ADAC Postbus gegründet. Doch auch diese beiden Größen konnten gegen die beiden Startups nicht ankommen. Der ADAC stieg 2015 aus und 2016 erfolgte die Übergabe des größten Teils der unterhaltenen Buslinien an FernbusFlixbus“ . Im Februar 2017 rollte der letzte Postbus über die Autobahn. [note] Vgl.: http://www.fernbusse.de/fernbus-anbieter/adac-postbus/, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]
Auch die Deutsche Bahn ließ es  mit ihrem Tochterunternehmen Berlin Linienbus (BLB), nicht unversucht, in den stark umkämpften Fernbusmarkt einzusteigen. Doch am 31. Oktober 2016 zog auch sie sich wieder zurück. Lediglich einige Busse werden unter der Marke Intercity Bus weitergeführt. [note] Vgl.: http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/berlinlinienbus-deutsche-bahn-fernbusmarkt-rueckzug-flixbus, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]
BLB und ADAC Postbus hatten übrigens ihre eigenen Busse und haben ihre Flotte nicht durch Vertragspartner aufgebaut.

Im Jahr 2015 fusionierten die beiden Platzhirsche, Mein Fernbus  und FlixBus, und behalten seither die Oberhand am mitteleuropäischen Fernbusmarkt.
2016 folgte dann die Übernahme der meisten Postbuslinien und Fernbus übernahm das europäische Festlandgeschäft vom britischen Megabus.
Im Jänner 2017 hatte FernbusFlixBus  einen Anteil von 90,08 % am deutschen Markt. [note] Vgl.: https://omnibus.news/tag/fernbus, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]
FernbusFlixBus  operiert bereits in 20 Ländern und fährt täglich 100.000 Verbindungen und über 1000 Destinationen an. [note] Vgl.: https://www.flixbus.de/, Zugegriffen, am 15.03.2017 [/note]
Somit zählt dieses Unternehmen nun zu den größten Fernbusunternehmen Europas.
Ein weiterer großer Player am europäischen Fernbusmarkt ist der Eurolines‑Dachverband. Unter diesem finden sich 32 Busunternehmen, darunter das Gründungsmitglied die Deutsche Touring GmbH, oder in der Schweiz die Firma Alsa-Eggmann GmbH. Mittlerweile fahren die Eurolines  700 Destinationen in 32 Länder an. [note] Vgl.: https://www.eurolines.at/de/ueber-uns/, Zugegriffen, am 31.03.2017 [/note]

Auch in Österreich erfreut sich der Fernbus steigender Beliebtheit. Vorreiter war hier neben Eurolines auch der Westbus, genau wie die Westbahn eine Marke der Rail Holding GmbH. Hinter dieser Gesellschaft steht der Investor und österreichische Industrielle Hans-Peter Haselsteiner. [note] Vgl.: http://rail-holding.at/konzern/ueber-rail-holding-ag/, Zugegriffen, am 31.03.2017 [/note]
Aufgrund schlechter Zahlen hat auch der Westbus seinen Betrieb aufgegeben und wurde von Blaguss übernommen. Blaguss ist übrigens ein Vertragspartner von FernbusFlixBus.
Mittlerweile bieten Westbahn und FernbusFlixbus Kombitickets an – mit dem Zug unterwegs zwischen Wien und Salzburg und von Linz aus mit dem Fernbus nach Prag und Graz oder von Salzburg nach München. [note] Vgl.:https://www.trend.at/wirtschaft/westbahn-bus-geschaeft-blaguss-7758913, Zugegriffen, am 31.03.2017 [/note]
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Auch der größte Mobilitätsdienstleister Österreichs ließ es nicht unversucht

Grund für die Pleite von Westbus könnte natürlich auch der neue österreichische Platzhirsch HELLÖ gewesen sein, welcher eine 100 %-ige Tochter der österreichischen Bundesbahnen war. HELLÖ unterhielt 11 Linien in Österreich, der Schweiz, Italien, Kroatien, Slowenien,  und Deutschland, wo der österreichische Anbieter einen Marktanteil von 0,7 % hielt und somit der fünftgrößte Player am deutschen Markt war. Der Intercity-Bus der DB hält in Deutschland lediglich einen Marktanteil von 0,5 %. [note] Vgl.:https://omnibus.news/tag/fernbus, Zugegriffen, am 31.03.2017 [/note]

Die ÖBB stand mit ihrer Fernbus-Tochter oft stark in Kritik. Viele meinten, dass sich eine Staatsbahn nur auf die Schiene beschränken sollte. Zudem werden auch oft Stimmen laut, dass der Bus nicht umweltfreundlich genug ist, um Steuergelder der Bahn dafür aufzuwenden.
Auch die ersten Bilanzzahlen haben hohe Wellen geschlagen. Ein negatives Ergebnis hat wenige von HELLÖ überzeugen können.

Natürlich ist es sehr schwierig, im ersten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben, wenn man neu in den Fernbusmarkt eindringen  will. Nicht zuletzt, da die großen Anbieter bereits viele Kunden von sich überzeugt haben und aufgrund der Größe deutlich billigere Angebote auf den Markt bringen können.
Die ÖBB hätte vielleicht genügend finanzielle Ressourcen und gute Voraussetzungen gehabt, um die Anfangszeit zu überbrücken. Jedoch waren die Zahlen und Prognosen zu schlecht, und die ÖBB übergibt ihr gesamtes HELLÖ Liniennetz an den Fernbusriesen FernbusFlixBus. Bis Ende Juli 2017 war die Transaktion zwischen den beiden Fernbusanbietern abgeschlossen. Für den Fernbuskunden in Österreich bringt dieser Verkauf auch Vorteile, da jetzt in Österreich eine bessere Anbindung an das große und internationale Netz von FernbusFlixBus besteht. Zudem muss man die beliebten HELLÖ – Fahrten nach Italien und Kroatien in Zukunft auch nicht missen. Der einzige Nachteil für den Konsumenten ist, dass der Marktanteil und die Macht von FernbusFlixBus weiter wächst.

In Österreich ist mittlerweile auch ein anderer Player am Fernbusmarkt sehr aktiv. RegioJet ist nicht nur auf der Schiene zwischen Wien und Prag unterwegs, sondern auch auf der Straße. Das tschechische Unternehmen mit den schrillen gelben Bussen macht vor allem mit Kampfpreisen auf sich aufmerksam: Wien-Bratislava ab EUR 1,- oder Wien-Budapest ab EUR 8,90,-.

regiojet_bus
Mit Billigangeboten auf Schiene und Straße will RegioJet Kunden und Marktanteile gewinnen.
Das Unternehmen ist übrigens auch in ganz Europa unterwegs und schafft es als einer der wenigen, gegen den Branchengiganten FernbusFlixbus anzukommen.

Mehr über das Unternehmen RegioJet und das Angebot auf der Schiene könnt ihr hier lesen. 

Was sind die Vor- und Nachteile der Autobahngiganten?

Betrachten wir nun kurz, warum manche Kunden den Fernbus der Bahn vorziehen.
Einer der wesentlichen Punkte ist sicher der, dass der Fernbus einfach günstiger als die Bahn ist. Betrachten wir zum Beispiel die Strecke Wien-München: Mit dem FernbusFlixBus kostet die Fahrt, je nach Tageszeit, zwischen EUR 21,-  und EUR 26,-  . Mit der ÖBB  würde dieselbe Verbindung in der zweiten Klasse mit dem Railjet EUR 99,20,- kosten.
Die Busse der großen Fernbusanbieter sind meist sehr komfortabel und bieten auch für größere Menschen ausreichend Beinfreiheit. Zudem sind sie mit WLAN ausgestattet und man kann Snacks und Getränke kaufen; alles ähnlich wie in der Bahn.

Wenn wir nun bei dem Beispiel Wien-München bleiben: Der Bus fährt hier, je nach Zwischenstopps, in etwa 6 Stunden und 5 Minuten. Die doch um einiges teurere Bahn braucht mit Railjet bis zu 4 Stunden und 11 Minuten.
Es ist unbestritten, dass die Bahn auf vielen Strecken schneller ist, aber der Fernbus ist durch seine Fahrzeiten durchaus konkurrenzfähig, vor allem wenn es auf der Schiene keine Direktverbindung gibt, ist der Autobahngigant gleich schnell oder schneller.
Hier muss man aber auch nochmal sagen, dass der Fernbus durch Stau sehr gefährdet ist.

Stiftung Warentest hat sich den Bahnkonkurrenten etwas genauer angesehen. Vor allem auch die Pünktlichkeit der Busse: „Ausstattung und Service sind bei den meisten getesteten Linien gut. Dein Bus und Eurolines fallen etwas ab, da sie zum Teil mit älteren Fahrzeugen unterwegs sind, bei denen nicht alles in Ordnung war. Zum Beispiel war die Inneneinrichtung mitunter etwas abgenutzt, Klapptische beschädigt und der Geruch unangenehm. Um die Pünktlichkeit zu prüfen, haben die Tester von jedem Anbieter 40 Fahrten ausgewertet. Ergebnis: 80 Prozent aller Busse waren pünktlich. Sie haben den Fahrplan mit einer Toleranz von fünf Minuten eingehalten. Verspätungen von mehr als 30 Minuten gab es nur bei 12 von 360 überprüften Fahrten. Das sind rund 3 Prozent. Fernbusse sind oft lange unterwegs. Mithilfe des kostenlosen WLAN kann sich der Fahrgast bei fast allen Anbietern die Zeit mit Internetsurfen vertreiben. Allerdings war das WLAN auf den Testfahrten nicht immer verfügbar.“ [note] https://www.test.de/Fernbusse-Meist-guenstig-puenktlich-und-gut-4721322-0/, Zugegriffen, am 5.04.2017 [/note] 

Zum Vergleich: In Sachen Pünktlichkeit kann die Deutsche Bahn im Gegensatz zum Fernbus mit zwischen 75,3 % bis 82,0 % Pünktlichkeit der Fernverkehrszüge im Frühjahr 2018 nur knapp mithalten. [note] Vgl.: https://www.bahn.de/p/view/service/auskunft/puenktlichkeit_personenverkehr.shtml [/note]
Die ÖBB und die SBB können mit deutlich höherer Pünktlichkeit gegenüber dem Fernbus punkten.
Zum Vergleich der Gesamtpünktlichkeit der drei Staatsbahnen noch eine kleine Grafik.

pünktlichkeitsgrafik

Quelle: http://www.sbb.ch/sbb-konzern/medien/dossier-medienschaffende/kundenpuenktlichkeit.html

Die Pünktlichkeit des Fernbusses gegenüber der Bahn ist durchaus erträglich, da man ja auch weniger als ein Drittel des Fahrpreises der Bahn bezahlt. Vor allem in Deutschland ist die Bahn nicht viel pünktlicher als der Bus.
In Österreich und der Schweiz kann der Fernbus mit der Pünktlichkeit des Schienenfernverkehrs nur sehr schwer mithalten

Doch der Fernbus kann nicht nur durch Vorteile bestechen. Vor allem in Sachen Sicherheit werden oft Bedenken laut. Zu stark abgenützte Reifen, stark übermüdete Fahrer und nicht eingehaltene Lenkzeiten. All diese Berichte in den Medien verunsichern die Fahrgäste, welche deshalb dann doch oft das Auto oder die Bahn nehmen. Die Unternehmen versuchen natürlich, so gut es geht zu sparen. Dies kann jedoch auf Kosten der Mitarbeiter und Fahrgäste gehen.
Hinzu kommt, dass die Ruhezeiten der Fahrer nicht immer fürs Ausruhen genutzt werden, sondern um den Bus zu säubern, zu tanken und ihn wieder startklar für die nächste Fahrt zu machen. [note] Vgl.: http://www.berliner-zeitung.de/kultur/-team-wallraff–bei-rtl-uebermuedete-fernbus-fahrer-gefaehrden-sicherheit-der-reisenden-25509314, , zugegriffen, am 5.04.2017 [/note]
Der Branchenleader FernbusFlixBus weist all diese Vorwürfe zurück und schreibt auf seiner Homepage über die Sicherheit ihrer Fernbusse:

„Der Fernbus ist das sicherste Verkehrsmittel auf der Straße. Laut dem statistischen Bundesamt ist im Fernverkehr der Bus die sicherste Art zu reisen. Mit FlixBus kommst Du also sicher an Dein Ziel. Sicherheit unserer Fahrgäste und der für uns eingesetzten Fahrer steht bei uns an erster Stelle: Unser grüner Fernbus entspricht höchsten Sicherheitsstandards und die für uns eingesetzten Fahrer sind entsprechend ausgebildet und werden regelmäßig geschult.“ [note] https://www.flixbus.at/unternehmen/sicherheit, zugegriffen, am 5.04.2017 [/note]

Hier geht’s zum Teil 2: Die Zukunft des Fernbusses und der Konkurrenzkampf mit der Bahn

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